Schwere Vorwürfe an rechte Militärs

Vertrag mit der Opposition

In dieser Woche soll in Venezuela ein 19 Punkte umfassendes Abkommen zur friedlichen Beilegung des politischen Konflikts unterzeichnet werden. Darauf einigten sich Vertreter der Regierung und der Opposition.

Beide Seiten haben sich verpflichtet, eine Lösung in Form von Wahlen im Rahmen der Verfassung zu suchen. Demnach akzeptiert die Opposition nach monatelangen Gesprächen erstmals einen demokratische Weg. So sollen die Mitglieder des Nationalen Wahlrates einvernehmlich von der Nationalversammlung ernannt werden und dann die Richtlinien zur Durchführung der in der Verfassung verankerten Volksabstimmungen zur vorzeitigen Abwahl politischer Amtsträger festlegen. Genau das hatte die Opposition in den vergangenen anderthalb Jahren stets abgelehnt. Nachdem sie sich jedoch durch Gewaltakte, Sabotage und einen gescheiterten unpopulären Streik im vergangenen Dezember und Januar weitgehend diskreditierte, musste sie nun einlenken.

Der General befahl Morde

Trotz eines Putschversuchs, der Sabotage der Erdölindustrie, des Abzugs von über 33 Milliarden US-Dollar in vier Jahren, der Kontrolle sämtlicher Medien und der Unterstützung Washingtons war es der rechtsextremen Opposition nicht gelungen, Präsident Hugo Chávez aus dem Amt zu jagen. Dabei schreckte man vor nichts zurück. So wurde jetzt die Verantwortung zweier oppositioneller Militärs für zahlreiche Morde und Bombenanschläge öffentlich bekannt. Felipe Rodríguez, Divisionsgeneral der Nationalgarde, und Heeresoberst Yucepe Pilieri, die zu den seit Monaten auf der Plaza Francia protestierenden Armeeangehörigen zählen, beauftragten und bezahlten u.a. Killer, um drei Soldaten und zwei Freundinnen von ihnen zu entführen, zu foltern und zu erschießen. Anschließend beschuldigte man die Regierung der Morde. Doch da eine der Frauen schwer verletzt überlebte, konnte der wahre Tathergang schließlich rekonstruiert werden.

Ein verhafteter Täter gab an, die drei Soldaten seien verdächtigt worden, Informationen über die Aktivitäten der Opposition an die Regierung weitergegeben zu haben. Rodríguez und Polieri seien auch verantwortlich für die Bombenschläge auf die diplomatischen Niederlassungen Spaniens und Kolumbiens am 25. Februar und auf den Sitz der Gespräche zwischen Opposition und Regierung am 12. April. Einer seiner Mordkomplizen habe sie durchgeführt. Die Opposition hatte die Ereignisse genutzt, um die Chávez-Regierung des Terrors zu beschuldigen.

Derweil wurde auf internationalem Parkett erneut deutlich, wie wenig Venezuela, im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Regierungen, bereit ist, sich dem Diktat der USA zu beugen. Die von den südamerikanischen Präsidenten zum Abschluss des XVII. Gipfels der Rio-Gruppe in Peru unterschriebene »Erklärung von Cuzco« wurde von Hugo Chávez nur mit starken Einschränkungen unterzeichnet. Seine Ablehnung galt vor allem dem von den USA forcierten Freihandelsabkommen für den amerikanischen Kontinent, da dieses eine »Bedrohung darstellt«, sowie den Erklärungen zu Kolumbien, die »das Tor für eine ausländische Intervention öffneten«. Auch deshalb kann man davon ausgehen, dass die USA und die mit ihnen verbündete rechte Opposition weiter alles daran setzen werden, die Chávez-Regierung zu stürzen.

Dafür spricht auch, dass der am Freitag öffentlich gemachten Vereinbarung zwischen Opposition und Regierung mit ihrem dezidierten Gewaltverzicht schon am Wochenende der Aufruf der ehemaligen Regierungspartei Accion Democratica (AD) zur »Rückeroberung des Westens« folgte. Während der von Reichen bewohnte Osten der Hauptstadt Caracas weitgehend von der Opposition dominiert wird, gilt der westliche Teil als Territorium der Regierungsanhänger. Bereits in den frühen Morgenstunden wurden Einheiten der Nationalgarde beschossen, als sie in der Nähe des Präsidentenpalastes zwei quer gestellte Busse von der Straße entfernten

Proteste mit Todesopfer

Die AD-Aktion im Viertel Catia, die nur 2000 Personen mobilisierte, war von vornherein auf Konfrontation angelegt, so dass Bewohner des Stadtviertels die Straßen blockierten, um den Demonstranten den Weg zu versperren. Es kam zu Tumulten, mindestens ein Mensch wurde getötet, elf wurden verletzt. Sprecher der Opposition beschuldigten prompt die Regierung der Repression. Bei dem Toten Modesto Martínez handelte es sich jedoch um einen Aktivisten der Regierungspartei MVR (Bewegung V. Republik), der Basisarbeit im Stadtteil 23. Januar leistete.


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