Rechtsextreme Paramilitärs bei Caracas verhaftet. Bogotá in Erklärungsnot. War neuer Umsturz geplant?

Spur führt nach Kolumbien

Nach der Festnahme von rechtsextremen kolumbianischen Paramilitärs nahe der venezolanischen Hauptstadt Caracas am Wochenende wächst sich der Skandal neben den innenpolitischen Konsequenzen zu einer handfesten Krise zwischen Venezuela und Kolumbien aus. »Ich habe keinen Zweifel daran, daß die Männer mich stürzen und ermorden sollten«, sagte Venezuelas Präsident Hugo Chávez. Bis Mitte der Woche wuchs die Anzahl der verhafteten Paramilitärs auf über 90 an. Nach weiteren Söldnern wird noch gefahndet. Nach Angaben des venezolanischen Botschafters in Bogotá, Carlos Santiago, handelt es sich bei den Festgenommenen ausnahmslos um ehemalige kolumbianische Armeereservisten. Unter ihnen sei auch ein prominenter Kommandeur der kolumbianischen AUC-Paramilitärs aus der Region Cúcuta. Eine Verstrickung kolumbianischer Staatsinstitutionen in den Skandal werde noch untersucht, hieß es dazu in Caracas.

Die Polizeiaktion auf einem Landgut nahe der venezolanischen Hauptstadt war in den frühen Morgenstunden am Sonntag unter anderem von der Nationalgarde, dem Militärgeheimdienst (DIM) und der Geheimpolizei (DISIP) durchgeführt worden. Nach Informationen des DISIP-Direktors, Miguel Rodríguez Torres, hätten die kolumbianischen Paramilitärs ab Mittwoch Angriffe auf Militäreinrichtungen vornehmen sollen. Zu ihren Zielen habe das Regionalkommando der Armee und der Sitz der Nationalgarde in Caracas gehört. Rodríguez erklärte auch, daß die Kolumbianer venezolanische Armeeuniformen getragen hätten. So habe die Verantwortung der venezolanischen Armee zugeschrieben werden sollen, um innerhalb der Streitkräfte Verwirrung zu stiften.

Mit einer Sturmhaube vermummt erklärte einer der verhafteten Paramilitärs im Staatsfernsehen Venezuelas (VTV), er gehöre zu einer Gruppe von 130 ehemaligen Soldaten, die nach Venezuela geschickt worden seien. Zum Zeitpunkt der Festnahme hätten sie sich bereits 46 Tage im Land aufgehalten. Während dieser Zeit seien sie für Kampfaktionen in städtischem Gebiet ausgebildet worden. Die Gruppe gehöre zu einer Vorhut, die militärische Einrichtungen attackieren sollte, um Waffen zu erbeuten, und damit mehrere tausend aus Kolumbien einsickernde Paramilitärs zu bewaffnen. Die überführten Terroristen hatten laut Regierungsangaben Kontakte zu den venezolanischen Oppositionsbündnissen »Demokratischer Block« und »Demokratische Koordination«, sowie zu putschistischen Exmilitärs. Ermittelt wird nun auch gegen die oppositionell geführte Polizei verschiedener Hauptstadtbezirke.

Die Paramilitärs standen scheinbar unter dem Oberbefehl des Exgenerals der venezolanischen Nationalgarde, Felipe Rodríguez. Er wird in Venezuela der Beteiligung an diversen Bombenanschlägen sowie des Mordes an mindestens drei Soldaten und zwei Zivilisten verdächtigt. Der Exgeneral gehörte zum Kern der rebellierenden Militärs, die im vergangenen Jahr über Monate hinweg einen Platz im Osten von Caracas besetzt hielten, um mit einer »Mahnwache« zum Sturz Chávez’ aufzurufen.

Anfang März hatte Rodríguez, bekannt als »El Cuervo« (Der Rabe), laut Geheimdienstinformationen einen Hubschrauberunfall im kolumbianischen Departement Cesár unverletzt überlebt. Bei den Ermittlungen stellte sich haraus, der Hubschrauber habe den kolumbianischen Paramilitärs der AUC gehört. Offenbar hatte sich »El Cuervo« mit deren militärischen Anführer Salvatore Mancuso getroffen, um über den Kauf von Waffen und die Ausbildung von AUC-Kämpfern zur Durchführung terroristischer Angriffe in Venezuela zu sprechen. Salvatore Mancuso leugnete jedoch unmittelbar nach den Verhaftungen in Venezuela erneut jede Verbindung seiner Terrororganisation zu den Paramilitärs.