Eduardito

Eigentlich stand der Wahlsieg des Christdemokraten Eduardo Frei Ruiz-Tagle bereits seit Monaten fest. Die Umfragen unter der chilenischen Bevölkerung gaben ihm 60 Prozent der Stimmen. Populär ist der 51jährige nicht zuletzt wegen seines Namens. Eduardo Frei Montalva, sein Vater, war von 1964 bis 1970 als Präsident des Landes ein halbherziger Reformer.

Der Sohn "Eduardito" genannt, selbst Vater von vier Töchtern, Bauingenieur und Quereinsteiger in die Politik löst am 11. März nächsten Jahres seinen Parteikollegen Aylwin ab, den ersten Präsidenten Chiles nach der 16jährigen Diktatur Pinochets. Erstmals in der Geschichte des Landes folgen damit zwei Präsidenten derselben Partei aufeinander, wobei die Kandidatur des Christdemokraten von einer breiten Zentrums-Koalition getragen wurde.

Die Wahl stieß in Chile allerdings auf relativ wenig Interesse, die wirtschaftliche und soziale Situation des Landes hat die Bevölkerung polarisiert. Für viele ist das nackte Überleben zur einzigen Sorge geworden, und die neoliberale Politik des Frei-Vorgängers Aylwin hat erheblich zur "neuen Armut" Chiles beigetragen. Frei will diesen Wirtschaftskurs fortsetzen und sich zugleich in den Kampf gegen die Armut stürzen. Wie er beides verbinden will, hat er bisher noch nicht erklärt.

Viel Respekt hat Frei die Initiative eingebracht, die noch von Pinochet auf acht Jahre festgelegte Amtszeit des Präsidenten auf vier Jahre zu verkürzen. Er einigte sich schließlich mit der Rechten auf sechs Jahre. Frei will auch Verfassungsreformen einleiten, um das aus der Diktatur stammende Grundgesetz zu demokratisieren und die noch immer bestehende Macht des Heereschefs Pinochet und seiner Anhänger einzuschränken. Dazu benötigt er allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Kongreß. Kein Wort verlor er dagegen im Wahlkampf über die Menschenrechte im Lande oder mögliche Verfahren gegen ehemalige Militärmachthaber. So bleibt Frei, wortkarg und nüchtern, eine widersprüchliche Figur. Wohl auch daher wollte im Wahlkampf keine Stimmung aufkommen. Der neue Präsident ist für die meisten Chilenen nur das kleinste.