Führer der rechten Opposition in Venezuela schwer belastet. Todesopfer bei neuen Protesten

Chávez zeigt Profil

Vertreter von Regierung und der Opposition in Venezuela haben sich am vergangenen Freitag auf ein 19 Punkte umfassendes Abkommen geeinigt, mit dem der politische Konflikt in dem südamerikanischen Land friedlich beigelegt werden soll. In dem Text verpflichten sich beide Seiten zur Organisierung vorgezogener Wahlen und einer Lösung »im Rahmen der Verfassung«. Bei der Planung der Wahlen soll die Nationalversammlung eine zentrale Rolle spielen. Dagegen hatte sich die Opposition bislang gewehrt, weil Chávez` linke Sammelbewegung »Fünfte Republik« in dem Gremium über die Mehrheit verfügt. Nachdem sich die Opposition seit dem gescheiterten Putsch im April 2002 weitgehend diskreditiert hat, blieb ihr nun nichts anderes übrig, als dem Abkommen zuzustimmen.

Auch auf dem Gipfel der sogenannten Rio-Gruppe am Wochenende im peruanischen Cuzco zeigte Chávez Profil. Der angekündigte »Kampf gegen den Terrorismus« müsse auch auf das Vorgehen der rechten Gruppen in seinem Land angewandt werden, sagte Chávez. Bestätigt wurde er durch neue Enthüllungen über das brutale Vorgehen seiner Gegner. So wurde vor knapp zwei Wochen die Verantwortung zweier oppositioneller Militärs für zahlreiche Morde und Bombenanschläge öffentlich bekannt. Am 16. Februar waren drei oppositionelle Soldaten und zwei ihrer Lebensgefährtinnen einem Anschlag zum Opfer gefallen. Die Opposition beschuldigte die Regierung der Morde. Eine der beiden Frauen überlebte allerdings schwerverletzt und half, den tatsächlichen Tathergang zu rekonstruieren. Ein ebenfalls der rechten Opposition zugehöriger Armeeangehöriger wurde schließlich als einer der Täter identifiziert und verhaftet. Laut seinen Aussagen wurden er und weitere Mittäter von einem Divisionsgeneral der Nationalgarde und einem Heeresoberst mit dem Mord beauftragt und dafür bezahlt. Beide Auftraggeber waren führende Köpfe im Widerstand gegen den linken Präsidenten. Der inhaftierte Soldat gab als Grund für die Tat an, daß die drei Ermordeten unter Verdacht standen, Informationen über die Aktivitäten der Opposition an die Regierung weitergegeben zu haben. Die beiden Auftraggeber seien unter anderem auch für die Bombenanschläge auf die diplomatischen Niederlassungen Spaniens und Kolumbiens im Februar und April verantwortlich. Die Opposition hatte die Ereignisse genutzt, um die Chávez-Regierung des Terrors zu beschuldigen.

Auf internationalem Parkett wurde derweil deutlich, wie wenig Venezuela bereit ist, sich dem Diktat der USA zu beugen. Die von den südamerikanischen Präsidenten zum Abschluß des XVII. Gipfels der Rio-Gruppe in Peru unterschriebene »Erklärung von Cuzco« wurde vom venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez am Samstag nur unter starken Vorbehalten unterzeichnet. Seine Ablehnung galt vor allem dem von den USA forcierten Freihandelsabkommen für den amerikanischen Kontinent (ALCA), da dieses eine »Bedrohung darstellt« und den Erklärungen zu Kolumbien, die »ein Tor für eine Auslandsintervention öffneten«.

Auch daher kann weiter davon ausgegangen werden, daß die USA und die US-nahe Opposition gegen Chávez auch künftig alles daransetzen werden, die Regierung zu stürzen. Einen Vorgeschmack gab es schon an diesem Wochenende: Während in dem am Freitag vereinbarten Abkommen von Gewaltverzicht die Rede ist, rief die ehemalige Regierungspartei Acción Democratica (AD) für Samstag zur »Rückeroberung des Westens« auf. Während der von Reichen bewohnte Osten der Hauptstadt Caracas weitgehend von der Opposition dominiert wird, gilt der Westen der Stadt als Territorium der Regierungsanhänger. Im Verlauf eines Tumultes zwischen Anhängern und Gegnern schoß ein Unbekannter in die Menge. Mindestens ein Mensch wurde getötet, zehn wurden verletzt.