USA-Botschafterin vergleicht FARC mit Taleban

Guerillas Ziele der Anti-Terror-Kampagne

Im Rahmen ihres "Feldzuges gegen den Terrorismus" scheinen es die USA nicht nur auf den arabischen und asiatischen Raum abgesehen zu haben. Auch Kolumbien rückte immer mehr in das Blickfeld der Bush-Regierung.

Auf der jüngst veröffentlichten "Terrorliste" der USA-Regierung finden sich die beiden kolumbianischen Guerilla-Gruppen Bewaffnete Revolutionäre Streitkräfte (FARC) und Nationales Befreiungsheer (ELN) und erstmals auch die rechtsextremen Paramilitärs der Selbstverteidigungsstreitkräfte Kolumbiens (AUC). "Jede dieser Gruppen hat enorme Einnahmen aus dem Drogenhandel. Jüngst haben auch die AUC den gleichen Weg eingeschlagen", begründete die USA-Botschafterin in Kolumbien, Anne Patterson, deren Aufnahme in die Liste. Man werde deshalb die Auslieferung der Chefs von FARC und ELN ebenso wie die der AUC-Anführer beantragen, fügte Patterson hinzu.

Dabei ist nur die Verwicklung der AUC in den Drogenhandel wiederholt belegt worden. Ihre Anführer - allen voran Carlos Castaño - sollen mehr als 70 Prozent des gesamten Exports sowie einen Großteil des Anbaus und der Produktion kontrollieren. Doch die unzähligen Massaker gegen die Zivilbevölkerung seitens der Paramilitärs haben wohl dazu geführt, dass die USA-Regierung ihre ehemaligen geheimen Verbündeten in diesem Jahr in ihre "Terrorliste" aufgenommen haben. Direkte Folgen hatte dies bisher jedoch nicht, in Kolumbien operiert die AUC weiterhin in Abstimmung mit der Armee.

Die ELN hingegen bezieht aus sozialen und ökologischen Gründen eine sehr strikte Haltung gegen Drogenanbau und
-handel und hat nachweislich keine Verbindung zum Drogengeschäft. Die FARC wiederum besteuert die Geschäfte der Händler, schützt Kleinbauern vor den Narcos und garantiert ihnen Verkaufspreise.
Dass die USA ihr militärisches Engagement in Kolumbien weiter verstärken, steht außer Frage. Philip Reeker, Sprecher des USA-Außenministeriums, schloss zwar eine direkte Militärintervention in Kolumbien aus. Sein Kollege Francis Taylor, "Anti-Terrorismus-Koordinator" der gleichen Behörde, betonte jedoch, dass "terroristische Organisationen" in Kolumbien ebenfalls Ziel der "Antiterrorismus-Kampagne" der USA im Gefolge des 11. September sein würden. In Kolumbien und anderen Ländern Lateinamerikas werde eine ähnliche Strategie zum Tragen kommen, wie von den USA in Afghanistan verfolgt. Bezüglich der Guerillas und der Paramilitärs "werden wir alle in unserer Macht stehenden Ressourcen und wenn notwendig auch militärische Gewalt anwenden, um ihre Aktivitäten zu stoppen". Da die Ernennung eines Staatssekretärs für Lateinamerika-Fragen durch die Bush-Regierung ausblieb, kam Taylor in den vergangenen Monaten eine zentrale Rolle in der Kolumbien-Politik der USA zu.

Fernando Tapias, Generalkommandeur der kolumbianischen Streitkräfte, betonte, Kolumbien bräuchte keine Intervention ausländischer Truppen. "Wir bieten unsere Kräfte und fordern Unterstützung in den Bereichen Ausbildung, technischer Beistand und geheimdienstliche Tätigkeiten". Nach weiteren Gesprächen mit Pentagon-Vertretern zeigte Tapias sich zufrieden: "Seit dem 11. September verstehen sie (die US-Amerikaner) uns besser, da sie die Auswirkungen dieser Mischung aus Terrorismus und Drogen, die so schwer wiegende Folgen für die Menschheit hat und unter der wir seit Jahren leiden, selbst erleben."

Seit dem 11. September geben sich Vertreter der kolumbianischen Regierung und des Militärs in Washington die Klinke in die Hand und im November wird der kolumbianische Präsident Andres Pastrana in den USA mit Außenminister Colin Powell zusammentreffen. Dort dürfte ein weiter gehendes Engagement der USA in Kolumbien zur Sprache kommen. Anne Patterson verstieg sich Ende des Monats sogar zu Vergleichen zwischen den Taleban und den bewaffneten Gruppen Kolumbiens. "Im Unterschied zu den Terroristen in Afghanistan haben die kolumbianischen Gruppen zwar keine direkte globale Reichweite. Doch jede dieser Gruppen übt Terrorismus gegenüber den Kolumbianern aus und schwächt die Fundamente der ältesten Demokratie Lateinamerikas", so Patterson. Die Botschafterin erläuterte auch die Möglichkeit, dass die Taleban von Kolumbien aus ihre Heroin-Geschäfte weiterführen, und sagte eine Erhöhung der US-amerikanischen Militärhilfe zu: "Vor Ende des Jahres werden noch weitere zehn Blackhawk-Hubschrauber nach Kolumbien geliefert, und Anfang nächsten Jahres weitere 25." Zudem wurde eine weitere Finanzspritze von 882 Millionen USA-Dollar für die Andenstaaten angekündigt, von denen 440 an Kolumbien gehen sollen.

Die Ankündigungen von Anne Patterson kommen just in einem Moment, in dem der Gesprächsprozess zwischen Regierung und FARC in einer Krise steckt. Die Anerkennung der von der FARC kontrollierten 42000 Quadratkilometer großen entmilitarisierten Zone im Süden Kolumbiens wurde Mitte Oktober von der Regierung nur kurz vor Ablauf der Frist wieder verlängert, nachdem die Situation zunächst zu eskalieren drohte. Doch schon wenige Tage später wurden die bisher ohnehin ergebnislosen Gespräche erneut gebremst, als sich die kolumbianische Regierung weigerte, das Überfliegen der Zone mit Militärflugzeugen einzustellen. Aus der kolumbianischen Armee und aus rechten Kreisen wurden wieder Stimmen laut, die eine militärische Lösung fordern.