Auftritt kolumbianischer Paramilitärs vor dem Parlament - Massenmörder sollen hoffähig gemacht werden

Alte Freunde unter sich

Sie kamen in eleganten Anzügen und mit freiem Geleit: Die Anführer der kolumbianischen Paramilitärs, Salvatore Mancuso, Ernesto Báez und Ramón Isaza, traten Mitte vergangener Woche erstmals vor dem kolumbianischen Parlament auf, um ihre Menschenrechsverbrechen zu "erklären". Verantwortlich für den Tod Zehntausender Kolumbianer, stellte sich Salvatore Mancuso, Chef des Paramilitärdachverbandes AUC ("Vereinigte Selbstverteidigung Kolumbiens") als "gottesgläubiger Familienvater und Unternehmer" dar, der "in den Konflikt gedrängt" worden sei. Während einige Abgeordnete der rechtsextremen Regierung unter Präsident Alvaro Uribe Vélez den Paramilitär Mancuso mit Umarmungen begrüßten, protestierten Tausende Menschen vor und oppositionelle Parlamentarier im Repräsentantenhaus.

Der Auftritt der international geächteten Paramilitärs vor dem kolumbianischen Parlament war der vorläufige Höhepunkt einer rasanten Annäherung zwischen der rechtsextremen Uribe-Regierung und den Menschenrechtsverbrechern der AUC. Seit Monaten verhandeln die beiden Seiten im geheimen. Während die Öffentlichkeit so gut wie nichts über den Inhalt der Gespräche erfuhr, erwies sich der angebliche Waffenstillstand der Paramilitärs in den vergangenen Monaten als Farce. Allein im vergangenen Jahr wurden etwa eine viertel Million Kolumbianer im eigenen Land zu Flüchtlingen, 20.000 suchten im Ausland politisches Asyl. Die Gesamtanzahl der Flüchtlinge stieg damit auf 2,96 Millionen - die höchste Anzahl weltweit nach dem Sudan und dem Kongo. Seit Mai diesen Jahres verfügen die Paramilitärs sogar über eine eigenes Autonomiegebiet von 368 Quadratkilometern im Bundesstaat Cordoba. In dieser Zone haben sich seither mehrere hundert bewaffnete Kämpfern versammelt. Die Uribe-Regierung hat ihnen die volle Immunität zugesichert. In anderen Regionen gehen die Greueltaten der AUC-Banden derweil wie gehabt weiter.

Am Verhandlungstisch zwischen Paramilitärs und Regierung sitzen auch mehrere bekannte Drogenhändler. Neben dem politischen Führer der Paramilitärs, Salvatore Mancuso, wird auch Adolfo Paz, der "Generalinspekteur" der AUC, von den USA gesucht. Paz gilt als Kopf des AUC-Drogengeschäfts. Die Paramilitärs kontrollieren etwa 70 Prozent der Drogenexporte aus Kolumbien in alle Welt.

Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen kritisierten indes in einem offenen Brief das Verhalten der Vertretung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Kolumbien. Die OAS-Mission habe sich "offen auf die Seite der Regierung geschlagen", heißt es in dem Brief. Zahlreiche Vertragsbrüche der AUC seien nicht bemängelt oder auch nur der Öffentlichkeit bekanntgemacht worden.

In seiner Rede im Repräsentantenhaus forderte Salvatore Mancuso in der vergangenen Woche die Einrichtung einer ständigen Verhandlungskommission und die Einrichtung weiterer sechs Paramilitärzonen. Nur Ernesto Báez bat als letzter Redner um Verzeihung für die verübten Verbrechen. Der mittlerweile im deutschen Exil lebende Arzt und Anthropologe Alberto Pinzón, ehemals Mitglied einer zivilen Kommission, die von 2001 bis 2002 den Verhandlungsprozeß mit der linken Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) erleichtern sollte, bezeichnete die Ereignisse in einem offenen Brief als Putsch des Paramilitärstaates der Großgrundbesitzer. Die Regierung von Alvaro Uribe Vélez kündigte inzwischen die Einrichtung einer weiteren Zone für die Paramilitärs an.