16. April 2012

“Nach Norden” von Dario Azzellini und Boris Kanzleiter

Ausführlich und informativ stellt das Buch die Situation an der Grenze zwischen den USA und Mexiko der 1990er Jahre vor, insbesondere unter dem Aspekt der seit dieser Zeit in die Wege geleiteten neoliberalen Umstrukturierung und Militarisierung der USA.

„Nach Norden“ beinhaltet Interviews, Reportagen und Erfahrungsberichte von der US-mexikanischen Grenze zum Thema Arbeitsmigration und Umgangsweisen der Politik mit illegaler Einwanderung. Auch berichtet es über Maclovio Rojas, einer von Familien und Migranten aus verschiedenen Regionen Mexikos gegründeten Siedlung an der Landstraße zwischen Tijuana und Tecate. Dario Azzellini zeichnet die Entwicklung der Binnenmigration in Mexiko nach. Die Menschen sind auf die Mobilität angewiesen, um überleben zu können. Im Jahre 1992 wurde das Freihandelsabkommen NAFTA zwischen den Staaten Kanada, USA und Mexiko unterzeichnet.

Boris Kanzleiter kommt zu dem bemerkenswerten Schluss:

„Der große Widerspruch der Politik der letzten Jahre bestand darin, daß die neoliberale Umstrukturierung einerseits tatsächlich größere wirtschaftliche, politische und kulturelle Verflechtungen zwischen den Staaten zur Folge hat, gleichzeitig aber dieselbe Politik die soziale Kluft zwischen Reich und Arm sowie zwischen Nord und Süd vertieft. NAFTA läßt die mexikanische Bevölkerung verarmen und propagiert gleichzeitig den Mythos vom American Dream. Beide Faktoren wirken zusammen und verstärken die Migrationsbewegungen von Mexiko in die USA.“ (37)

Und weiter:

„Über die konkrete wirtschaftspolitische Bedeutung hinaus, zielte NAFTA auch auf eine Veränderung der Mentalität und Kultur. Die MexikanerInnen sollten sich von traditionellen Vorstellungen und Lebensweisen lösen, aus dem Schatten der Geschichte treten und ihren Blick nicht mehr nach Lateinamerika, sondern gen USA richten.“ (50)


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