Die Schließung der berüchtigten School of the Americas erweist sich als bloße Umbenennung

Neuer Name, altes Leid

Am 15. Dezember, pünktlich zum „Fest der Liebe“, schließt die berüchtigte School of the Americas in Fort Benning, Georgia, ihre Pforten. Ein Tag auf den Menschenrechtsorganisationen der amerikanischen Kontinente seit Jahrzehnten gewartet haben. Doch Grund zur Freude besteht dennoch nicht: Am 17. Januar 2001 wurde die Ausbildungsstätte für lateinamerikanische Militärs als „Institut der westlichen Hemisphäre für Sicherheitskooperation“ an anderem Ort wieder eröffnet. Bereits einmal wurde die School of the Americas verlegt, 1984 wechselte sie aus Panama in die USA.

In den 54 Jahren ihrer Existenz bildete die School of the Americas über 60.000 Militärs aus 21 lateinamerikanischen Ländern aus, darunter den grausamen Führer der Todesschwadrone El Salvadors Major D’Aubuisson und die Diktatoren Argentiniens, Panamas und Boliviens Roberto Viola, Manuel Noriega und Hugo Banzer. Ebenso den argentinischen Diktator Leopoldo Galtieri, verantwortlich für über 30.000 Tote im „schmutzigen Krieg“ gegen die politische Opposition. In der School of the Americas wurde auch die Doktrin der Nationalen Sicherheit entwickelt, deren Um­setzung für Lateinamerika drei Jahrzehnte blutiger Diktaturen und brutalster Menschenrechtsverletzungen bedeutete.

Doktrin der Nationalen Sicherheit


Die Entscheidung für eine Umbenennung der Ausbildungsstätte wurde getroffen, nachdem die School of the Americas in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik von Menschenrechtsgruppen geraten war und Enthüllungen den wahren Charakter der Ausbildung immer deutlicher werden ließen. Selbst eine Kommission des US-Verteidigungsministeriums musste Mitte der neunziger Jahre zugeben, dass die für die Ausbildung lateinamerikanischer Militärs verwandten Handbücher sehr zweifelhaft sind. Diese enthielten Erklärungen über die Anwendungen inoffizieller Vorgehensweisen, wie Einschüchterung, Kopfgelder für getötete Feinde, Schläge, willkürliche Verhaftungen, Exekutionen und die Anwendung eines Wahrheitsserums.

1996 musste sogar die US-Regierung zugeben, dass in Fort Benning illegale Praktiken unterrichtet worden waren. Im Rahmen der publicityträchtigen Entschuldigungen für die Unterstützung verschiedenster Diktaturen und Militärputsche in Lateinamerika durch US-Regierungen beteuerte die Clinton-Administration auch eine grundlegende Wende in der US-amerikanischen Lateinamerikapolitik. Die School of the Americas blieb jedoch weiter bestehen. Die Proteste gegen die Einrichtung nahmen aber auch in den USA immer weiter zu. Im Mai 1999 forderten mehrere Tausend Menschen vor dem Weißen Haus ihre Schließung, und Mitte November protestierten über 10.000 Personen direkt vor Fort Benning in Georgia. Etwa 3.600 Personen drangen dabei auf das Gelände, gegen über 2.100 von ihnen wurde bereits in Schnellverfahren ein Zutrittsverbot für eben dieses ausgesprochen.

Der erste Antrag, die School of the Americas zu schließen, war am 11. Februar 1999 von mehreren Kongressabgeordneten gestellt worden und sah vor, dies innerhalb von 30 Tagen durchzuführen. Es sollte aber noch über ein Jahr dauern bis sich der Kon­gress endgültig dazu durchringen konnte. Solange brauchte es wohl, um sicher zu stellen, dass das Ende von Fort Benning nicht auch das Ende der Ausbildung US-kontrollierter „bad guys“ bedeutete.

Ausbildung zum Killer

Der Antrag der Kongressabgeordneten wurde damit begründet, dass sich unter den Absolventen der Militärschule der US-Army „einige der schlimmsten Menschenrechtsverbrecher der westlichen Hemisphäre befinden“. Darunter die 19 Soldaten, die 1989 in El Salvador sechs Jesuiten, ihre Haushälterin und deren Tochter ermordeten. Sie hatten erst wenige Monate vorher ihre Ausbildung an der School of the Americas abgeschlossen.

Ebenfalls an der School of the Americas ausgebildet wurden zwei der drei Killer des Erzbischofs Oscar Romero und zehn der zwölf Offiziere, die sich für das Massaker an 900 Zivilisten im salvadorianischen Dorf El Mozote verantwortlich zeichneten.

In Kolumbien genossen die Hälfte der 247 nachgewiesenermaßen in schwere Menschenrechtsverbrechen involvierten Militärs ihre Ausbildung an der berüchtigten Schule, ebenso wie zehn der 30 chilenischen Offiziere, gegen die die spanische Justiz 1998 wegen Terrorakten, Folter und Entführungen ermittelte.

„Die Entscheidung, die Schule zu schließen war sehr schwer“, so Luis Caldera, US-Army-Secretary, „seit ihrer Entstehung hatte sie einen der bedeutendsten Anteile am Erfolg der Politik der USA in der Region“. So schwer wird der Abschied der US-Army aber nicht fallen, hat doch die Schule lediglich ihren Namen geändert und wurde dem US-Verteidigungsministerium unterstellt, während sie vorher direkt der US-Army unterstand.

Namenschwindel

Für die Gegner der berüchtigten Ausbildungsstätte ist der Kampf damit allerdings nicht beendet. „Den Kongress mögen sie getäuscht haben, aber die Leute nicht“, so der Priester Roy Bourgeois, der zusammen mit Carol Richardson seit über zehn Jahren vor Ort für die endgültige Schließung der School of the Americas kämpften. „Wir werden im Januar wieder vor dem neuen Kongress protestieren und immer wieder kehren, bis die Mörderschule – wie immer sie sie auch nennen mögen – geschlossen wird“, versprechen beide.

Die Veränderungen scheinen auch tatsächlich nicht weit über den Namen hinaus zu gehen. Gegenüber ihren wichtigsten Zöglingen erweist sich die US-Regierung in dieser Hinsicht auch als weitaus ehrlicher, als gegenüber der Öffentlichkeit. So äußerten der kolumbianische Verteidigungsminister Luis Fernando Ramírez und der Generalkommandeur der kolumbianischen Armee General Fernando Tapias auf Anfrage der kolumbianischen Tageszeitung El Tiempo einhellig, dass der US-Kongress und die US-Regierung ihnen zugesichert hätten, dass die Ausbildungsstätte weiterhin in Funktion bleiben werde und die kolumbianischen Militärs weiterhin dort ausgebildet werden könnten. „Was geschah, war eine Änderung des Namens und des Programms, aber es ist nicht so, dass es vorbei ist“, versicherte der Verteidigungsminister Ramírez.