Ehemalige Staatspartei PRI und Linksopposition legen zu

Wahlschlappe für Regierungspartei in Mexiko

Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Mexiko am vergangenen Sonntag musste die regierende konservative Partei der Nationalen Aktion (PAN) eine schwere Niederlage hinnehmen. Sie verlor im Vergleich zu den Wahlen des Jahres 2000 mehr als ein Viertel ihrer Stimmen und wird im neuen 500 Sitze umfassenden Abgeordnetenhaus nur noch mit etwa 150 Abgeordneten anstatt wie bisher mit 203 vertreten sein.

Im Jahr 2000 war es der PAN gelungen ihren Kandidaten, den ehemaligen Coca-Cola-Manager Vicente Fox, zum Präsidenten wählen zu lassen. Doch die von Fox und der PAN versprochenen Veränderungen nach 71 Jahren Regierungszeit der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) traten kaum ein. Fox und die PAN erlitten einen massiven Vertrauensverlust. Auf die Enttäuschung bezüglich des ausgebliebenen Wechsels ist auch die historisch niedrige Wahlbeteiligung von nur 41 Prozent zurückzuführen.

In den vergangenen Monaten konnte Präsident Fox seine Ansehen in der Bevölkerung wieder beträchtlich steigern. Dies im wesentlichen durch seine Ablehnung des Irak-Krieges trotz massiven US-Drucks, und die Zurückweisung einer Öffnung des nationalen Erdölsektors für Privatisierungen im Tausch mit einem Migrationsabkommen mit den USA, so wie es die Bush-Regierung vorgeschlagen hatten. Dies wirkte sich jedoch gar nicht auf die Regierungspartei PAN aus, die weiterhin sehr schlecht angesehen ist und über keine weiteren charismatischen Sympathieträger verfügt.

Zu den großen Gewinnern der Wahlen gehören die ehemalige Regierungspartei PRI und die linksoppositionelle Partei der demokratischen Revolution (PRD). Die PRI erzielte 34,4 Prozent der Stimmen und steigerte die Anzahl ihrer Abgeordneten von 207 auf etwa 225, während die PRD die Anzahl ihrer Abgeordneten von 52 auf etwa 100 nahezu verdoppeln konnte. Sie erhielt alleine 17,1 Prozent der Stimmen, während 2000 19 Prozent der Stimmen an die Sechs-Parteien-Koalition unter Beteiligung der PRD gingen.

Die PRI trat zu den aktuellen Wahlen geschickt in Koalition mit der Grünen Partei (PVEM) an, die 2000 noch Fox und die PAN, davor aber bereits die PRI, unterstützt hatte. Die opportunistische PVEM, die sich faktisch im Besitz einer Familie befindet, welche die Einnahmen ihres Betriebs „Grüne Partei" in eine Apothekenkette investierte, vertritt kaum politische Positionen und ihre Vertreter glänzen im Abgeordnetenhaus vorwiegend durch Abwesenheit. Dennoch brachte ihnen ihr Name und das Wahlversprechen Stipendien, eine allgemeine Krankenversicherung und Eigenheimförderungen einzuführen stattliche 6,2 Prozent der Stimmen ein.

Auch bei den gleichzeitig stattfindenden Gouverneurs- und Lokalwahlen in sechs Bundesstaaten schnitt die PRI Dank sehr gut ab und gewann in vier Bundesstaaten, darunter auch der an Bevölkerung zweitgrößte Bundesstaat Nuevo León, der bisher von der PAN regiert wurde. In dem wichtigen hochindustrialisierten Bundesstaat verlor die PAN auch die Stadtverwaltungen von Monterrey und León, die als PAN-Hochburgen galten. Die PAN setzte sich lediglich in zwei Bundesstaaten durch.

Die Hochburg der PRD, die im Gegensatz zur PRI nicht über einen landesweiten für Wahlkampagnen mobilisierungsfähigen Parteiapparat verfügt, liegt in Mexiko Stadt. Dort erlangte sie die absolute Mehrheit, 35 der 40 Direktmandate der gleichzeitig stattfindenden Wahlen zur Stadtversammlung erzielte und 14 der insgesamt 16 Stadtbezirke regieren wird, statt bisher zehn.

Die große Popularität der PRD in der Hauptstadt ist vor allem dem PRD-Bürgermeister Andrés López Obrador zu verdanken. Die drei wesentlichen Säulen seiner Stadtverwaltung bestehen aus großen Bauprojekten, einer repressiven Polizeistrategie und der finanziellen Förderung armer Rentner. Seine Politik hat zwar dazu geführt, dass die PRD viele Linken Stimmen verloren hat und in Konflikt mit zahlreichen sozialen Bewegungen getreten ist, doch die Herzen der oft beschworenen „Mitte" gewann sie im Sturm. López Obrador führte für etwa 250.000 mittellose Rentner eine Grundversorgung von umgerechnet etwa 50 € ein und ermöglichte ihnen gratis die U-Bahn zu nutzen. López Obrador verkündete für Mexiko Stadt das Konzept „Null-Toleranz", die Polizeipräsenz im Stadtgebiet wurde massiv aufgestockt, es finden häufig große Polizeioperationen statt und der Pate der Null-Toleranz, der ehemalige New-Yorker Bürgermeister Rudolph W. Giuliani, wurde gleich zum Berater der Stadtverwaltung. In Verbund mit dem reichsten Mann Mexikos, dem zwielichtigen Unternehmer Carlos Slim, wird die gesamte Altstadt modernisiert und businesskompatibel hergerichtet. Bereits 60 historische Gebäude sind in Besitz des Multimillionärs übergegangen, der die Altstadt in eine börsenquotierte Aktiengesellschaft umwandeln will. Doch das ambitionierteste Vorhaben Obradors Verwaltung stellt die aktuell im Bau befindliche zweite Ebene der Stadtautobahn dar. Verkehrstechnisch ist der Bau höchst umstritten, um das Verkehrsvolumen der im Stau und Smog erstickenden Stadt zu reduzieren, wäre ein enormer Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs notwendig, doch der Bau scheint eher auf die nächsten Präsidentschaftswahlen zu zielen, für die López Obrador höchstwahrscheinlich im Namen der PRD kandidieren wird.


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