Ein "Verschwundener" wurde gefunden – Opfer der Repression in den 80er Jahren

Honduras’ Militär fürchtet Enthüllungen

Die Leiche des 1982 verschleppten Jurastudenten Nelson Mackey lag in einem Sack begraben am Ufer eines Flusses. Erstmals wurde einer jener mindestens 184 "Verschwundenen" entdeckt, die in den 80er Jahren der Repression in Honduras zum Opfer fielen – meist Linke oder als solche Verdächtigte.

Der Jurastudent Mackey wurde wahrscheinlich ermordet, weil er über Informationen zu Menschenrechtsverletzungen durch die Streitkräfte verfügte. Die Exekution soll von Polizeioberst Alexander Hernandez angeordnet worden sein, der eine Verwicklung jedoch vehement bestreitet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Noch im November hatte sie die Aufklärung der Fälle von Verschwundenen für unmöglich erklärt. Eine Anwaltskommission hatte damals auch eine Gruppe von Militärs für Verschleppungen und Folterungen in den 80er Jahren verantwortlich gemacht.

Auf die neuen Erkenntnisse reagierten die Militärs beleidigt. Oberbefehlshaber General Alonso Discua warf der Presse vor, sie habe offenbar "Spaß daran, die schmerzhaften Ereignisse der Vergangenheit wiederzubeleben". Die Staatsanwaltschaft nannte er "masochistisch" und die Bevölkerung bat er um Verständnis dafür, daß den Militärs, die viele Jahre für den Krieg ausgebildet wurden, die Vorbereitung auf den Frieden nicht leicht falle.

Honduras hatte in den 80er Jahren als Grenzland zu Nikaragua massive wirtschaftliche und militärische Unterstützung durch die USA genossen. Gemeinsame Manöver wurden abgehalten, Tausende von US-Soldaten im Lande stationiert. Die nikaraguanischen Contras konnten ihre Lager in Honduras aufschlagen, zu Überfällen und militärischen Aktionen die Grenze zum sandinistischen Nikaragua überqueren und unbehelligt auf honduranisches Territorium zurückkehren. Auch guatemaltekische und salvadorianische Rekruten wurden von der US-Army in Honduras für den Kampf gegen die eigene Bevölkerung trainiert. Schwer vorstellbar, daß den USA-Militärs die Verschleppung und Ermordung honduranischer Oppositioneller verborgen blieb.

Nach der Wahlniederlage der Sandinisten in Nikaragua 1990 verlor Honduras seine Bedeutung für Washington – und damit auch einen gehörigen Teil der Unterstützung. Inzwischen hat der Internationale Währungsfonds dem Land harte Sparprogramme aufgezwungen. Zur drastischen "Strukturanpassung" gehören die Erhöhung der Mehrwert- und Einkommensteuer, neue Abgaben auf Gesundheitsleistungen und eine Verteuerung der Tarife für Wasser, Strom und Telefon. Auf soziale Proteste wird, um die gerade wiedererlangte "Kreditwürdigkeit" nicht zu gefährden, mit Härte reagiert. Gern greift man dabei auf das Militär zurück.

Die Streitkräfte mischen zunehmend auch in der Wirtschaft mit. Nach Angaben US-amerikanischer Menschenrechtsanwälte versuchen sie, einen "Staat im Staate" aufzubauen. Demnach kontrollieren sie bereits die größte internationale Telefongesellschaft im Land und hören – zwecks Industriespionage – illegal Gespräche mit. Darüber hinaus verfügten sie über erheblichen Einfluß auf internationale Konzerne wie Sony und Coca Cola. Ihre Einnahmen beliefen sich auf jährlich etwa 40 Millionen US-Dollar. Unliebsame Enthüllungen sind da störend.