"Chiquita" verweist auf EU-Importbeschränkungen, um noch rücksichtsloser in Zentralamerika abzukassieren

Die Banane - Zankapfel von Konzernen und Bauern

Bananen sind beliebt und trotz des jüngsten Preisanstieges billig. In der Kaufhalle an der Ecke kostet das Kilo der krummen gelben Frucht gegenwärtig zwar 2,98 DM - das ist aber immer noch zu wenig für die Produzenten, die für die niedrigen Preise auf dem europäischen Markt zahlen müssen.

Die Frucht, die nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 zum Symbol vermeintlicher Freiheit wurde, ist eine klassische Kolonialware. Der Handel liegt zum größten Teil in den Händen multinationaler Konzerne wie Chiquita, Del Monte oder Dole. Allein an den Ausfuhren aus Lateinamerika, die 75 Prozent der weltweit verkauften Bananen ausmachen, verdienen sie etwa vier Milliarden Dollar pro Jahr. Daher ist es nicht verwunderlich, daß die Banane weiter ein internationaler Zankapfel ist.

In Panama kündigte der US-Konzern Chiquita Brands kürzlich an, den Pflanzern niedrigere Preise als bisher zu bezahlen. Dabei lag der bisher bezahlte schon unterhalb der Produktionskosten kleiner und mittlerer Produzenten. Und auf den Großplantagen erhalten Arbeiterinnen lediglich Hungerlöhne.

Ein Vergleich: Der Großhandel erzielt in Europa derzeit 26 US-Dollar pro Kiste (18,14 Kilogramm); die panamaischen Produzenten erhalten zum Teil nur 3,86 Dollar pro Kiste. Doch laut Preisskala des US-Multis Standard Fruits Company müßten die Bauern in diesem Jahr eigentlich 5,90 Dollar pro Bananenkiste erhalten.

Der Chiquita-Konzern, der 65 Prozent der lateinamerikanischen Bananenausfuhren kontrolliert, begründete die Senkung der Ankaufpreise mit vermeintlichen Umsatzeinbußen durch die Importrestriktionen der Europäischen Union (EU). Am 1. Juli 1993 war ja deren "Gemeinsame Marktorganisation für Bananen" in Kraft getreten, um die EU-Produktion, etwa auf den Kanaren und den französischen Antillen, gegen die sogenannten Dollar-Bananen aus Lateinamerika zu schützen.

Doch Gewerkschafter sowie kleine und mittlere Produzenten vermuten, dass Chiquita mit dem Argument EU lediglich günstigere Preise und Konditionen durchsetzen will. Schließlich hat der Konzern für das erste Quartal 1995 einen Nettogewinn von 37,6 Millionen Dollar gemeldet - mehr als dreimal soviel wie 1994.

Aus Protest gegen die angekündigte Senkung der Ankaufpreise drohte der panamaische Bananenpflanzerverband (ABAP) damit, den Anbau einzustellen. Sein Präsident Vitelio Ortega meinte lakonisch, es sei "rentabler, keine Bananen mehr anzubauen, als die Früchte einem Vermarkter zu schenken".

In Panama konnte der Multi zudem im letzten Jahr seine Spitzenposition weiter ausbauen, indem er vom Staat die exklusiven Nutzungsrechte für die einzigen beiden Tiefwasserhäfen im Westen des Landes erwarb. Damit sind viele Produzenten gezwungen, ihre Bananen an Chiquita zu verkaufen. Und der Multi hat jetzt auch noch die Möglichkeit, durch die Hintertür die Preise zu erhöhen: Seit Kurzem verlangt er z. B. 20 Cent mehr für jede Pappkiste, in der die Bananen transportiert werden. Chiquita Brands macht im Moment auch in anderen Ländern Zentralamerikas Druck auf breiter Front. In Kostarika, wo der Export von Bananen etwa ein Viertel der jährlichen Deviseneinnahmen deckt, stellte der Konzern den Ankauf beim größten Plantagenbetrieb des nationalen Konzerns Corbana vorläufig ein. Dieser bleibt dadurch auf 75 000 Kisten wöchentlich sitzen. Kostarikas Außenhandelsminister José Rossi bewertete diesen Schritt als Maßnahme, um die Regierung zur Kündigung ihres Exportabkommens mit der EU zu bewegen. Sie hatte nämlich, gemeinsam mit drei weiteren Ländern aus Lateinamerika, nach Inkrafttreten der EU-Importbeschränkungen mit einer internationalen Klage gegen die Bananenmarktordnung gedroht und schließlich separate Ländereinfuhrquoten garantiert bekommen. Chiquita sieht dadurch seine ökonomischen Interessen bedroht.

In Honduras wiederum teilte der Leiter der Chiquita-Tochter Tela Railroad Company unlängst auf einer Pressekonferenz mit, man sei "nicht bereit, angesichts der juristischen Unsicherheiten Investitionen zu tätigen, die nur die Verluste erhöhen würden". Der Multi wirft der Regierung vor, nicht ausreichend gegen Landbesetzungen ehemaliger BananenarbeiterInnen vorzugehen. Die Ankündigungen des Konzerns sind für Gewerkschaftspräsidenten Raúl Martinez schlicht eine Drohung an die Adresse der BananenarbeiterInnen, die gerade für Lohnerhöhungen und einen neuen Tarifvertrag mit dem US-Konzern kämpfen. Tela Railroad gehe es laut Martinez darum, "den Bananenarbeitern Angst um ihre Arbeitsplätze einzuflößen, damit sie sich bei ihren Forderungen zurückhalten".

Der zunehmende Konkurrenzkampf unter den Obst-Multis, der auf dem Rücken der kleinen und mittleren Produzenten und der ArbeiterInnen ausgetragen wird, ist maßgeblich Folge der EU-Bananenmarktordnung. Die Neuordnung der Exportanteile wird letztendlich wieder nur die großen Konzerne begünstigen.