Schwerster Finanzskandal in der Dominikanischen Republik

Ein Bankenskandal - und die Hintergründe...

Die Dominikanische Republik wird derzeit vom schwersten Finanzskandal ihrer Geschichte erfasst. Die Banco Intercontinental (Baninter), so wurde vor wenigen Wochen bekannt, betrieb 17 Jahre lang eine "geheime Bank" über die fragwürdige Transaktionen, Schmiergelder an Politiker und ungewöhnliche Kredite im Wert von über 2,2 Milliarden Dollar abgewickelt wurden. Aus dem Topf wurden auch Wahlkampagnen finanziert, Militärs geschmiert und Yachten sowie Hubschrauber für wichtige Entscheidungsträger gekauft.

Einige vermuten auch Präsident Hipólito Mejía gehöre zum Kreis der Günstlinge. Das würde zumindest einige seiner Verhaltensweisen erklären. Mejía von der sozialdemokratischen PRD (Partido Revolucionario Dominicano) übernahm im August 2000 das Amt des Präsidenten. Er gewann die Wahlen mit dem Versprechen die Privatisierungen staatlichen Eigentums zu "überprüfen", die Sozialausgaben zu erhöhen und die Armen zu stärken. Das zeigte Wirkung in einem Land in dem 25 Prozent der Bevölkerung unterhalb des Armutsgrenze leben. Doch einmal im Amt waren die Wahlversprechen schnell vergessen. Die von ihm fortgesetzte neoliberale Politik, weitere Privatisierungen, Auslandsverschuldung, die negativen Folgen der Privatisierung des Stromsektors und eine zweifelhafte Erhöhung der Mehrwertsteuer führten in seiner Amtszeit zu massiven Protesten und mehreren Generalstreiks.

Mejía reagierte mit verstärkter Repression. Seit seinem Amtsantritt kamen, nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen, mehr als 150 Personen bei "bewaffneten Zusammenstößen mit der Polizei" ums Leben. Zwar wurde schließlich Anfang diesen Jahres der Chef der Nationalpolizei General Candelier abgesetzt, doch sein Nachfolger erwies sich als kaum besser. Auch unter seiner Führung erschoss die Nationalpolizei zahlreiche Menschen bei Protesten. Besonders betroffen sind die Bewohner der Armenstadtteile der Hauptstadt Santo Domingo, in der etwa ein Drittel der neun Millionen Einwohner des Karibikstaates wohnen.

Die Dominikanische Republik lebt vorwiegend von Tourismus, den Rücküberweisungen der zahlreichen dominikanischen Migranten in den USA und zunehmend Europa und von Exporten in die USA. Die meisten Exportgüter stammen aus Maquiladoras, den Billiglohnfabriken in denen zollfrei produziert wird.

Seit der Militärinvasion der USA 1965 befindet sich das Land in festen Händen. Die meisten folgenden Regierungen führte Joaquín Balaguer von der konservativen Partei Partido Reformista Social Cristiano (PRSC), der vor genau einem Jahr im Alter von 96 Jahren verstarb. Balaguer war sieben Mal Präsident. Zuvor gehörte er zu den wichtigsten Mitarbeitern des Diktators Rafael Leonidas Trujillo während dessen Herrschaft (1930-1961). Der seit Anfang der 80er Jahre blinde Balaguer wurde aufgrund seines hohen Alters und seiner kaum verständlichen Reden spöttisch "die Mumie" genannt. Doch seine Funktion als Statthalter der Ordnung war unbestreitbar. Dazu gehörte auch jeder sozialen Bewegung und Protesten mit Repression zu begegnen. Bekannt war er auch für seine strenge katholische Überzeugung und koloniale Sichtweise. Dementsprechend ließ er sich, dem Papst und der Kolonialisierung Amerikas 1992, 500 Jahre nachdem Christof Kolumbus den ersten europäischen Fuß auf das heutige Territorium der Dominikanischen Republik setzte, ein Denkmal riesiger Ausmaße bauen. Ein Leuchtturm in Form eines Kreuzes. Das hässliche 46 Meter hohe, 34 Meter breite und 240 Meter lange Kolossalbauwerk steht am Stadtrand von Santo Domingo. 151 Scheinwerfer leuchten ein Kreuz in den Himmel und brauchen derart viel Strom, dass die umliegenden Stadtteile häufiger mal im Dunkeln liegen.

In Santo Domingos Armengürtel und auf dem Land kommt es aber vor allem durch die privaten Stromkonzerne öfter zu Stromabstellungen von bis zu 14 Stunden. Da sich die Strompreise im vergangenen Jahr dennoch etwa verdreifacht haben, kommt es immer wieder zu Protesten, bei denen die Polizei nicht selten tödliche Schüsse abgibt.

Auch beim letzten großen Streik- und Mobilisierungstag Anfang Februar reagierte die Regierung mit Härte. Mehrere Hundert Personen, meist Führungsmitglieder der an den Protesten beteiligten Organisationen, wurden verhaftet, mehrere Personen erschossen und mehr als drei Dutzend verletzt.

Am Montag, den 1. Juli wurde eine Demonstration gegen die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen IWF und dominikanischer Regierung von der Polizei mit Gewalt aufgelöst. Die Demonstration versuchte zum Nationalpalast zu gelangen als Polizisten ihr den Weg versperrten, in die Luft schossen und den Zug mit Knüppeleinsätzen und Tränengas stoppten. Dabei wurden 40 führende Mitglieder verschiedener an den Protesten beteiligter Organisationen festgenommen. Das gleiche Schicksal erlitten 90 Esel die von den Demonstranten als Sinnbild für die Dummheit das Abkommen zu akzeptieren mitgeführt wurden. Ramón Pérez, Transportarbeitergewerkschafter, bezeichnete das Vorgehen der Polizei als "brutal und repressiv", doch die Demonstrationen würden fortgesetzt werden. Pérez erklärte die Repression sei eine direkte Folge der Ankündigung der Streitkräfte des Landes "keine Unruhen im Kontext der nationalen wirtschaftlichen Schwieirigkeiten zuzulassen".

Die Proteste richten sich gegen eine Absichtserklärung der Dominikanischen Regierung gegenüber dem IWF, auf Importe eine zusätzlich Steuer von zwei Prozent zu erheben, die öffentlichen Ausgaben einzuschränken und andere Schritte im Bereich der Finanzen einzuleiten. Aufgrund des Finanzskandals im Umfang von über zwei Milliarden Dollar bei der dominikanischen Baninter hat sich die wirtschaftliche Situation der Karibikrepublik in den vergangenen Wochen drastisch verschlechtert. Die Regierung sucht daher nun auf dem internationalen Markt Anleihen von mindestens einer Milliarde Dollar. Zahlreiche internationale Finanzinstitutionen verlangten jedoch vor Prüfung des Ansinnens der dominikanischen Regierung die Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit dem IWF bezüglich der eigenen Politik. Bei Protesten gegen ein ähnliches Abkommen 1984 waren Dutzende Menschen getötet worden und es entstanden Millionenschäden.