Wie US-Militärs, Söldner und Kriegsunternehmen im Krieg mitmischen

Kolumbien gleich Afghanistan? - Die Intervention hat schon begonnen

In den vergangen Jahren haben die USA wiederholt mehr oder weniger offen mit einem direkteren Eingreifen in Kolumbien gedroht. Bisher ist die US-Army jedoch nicht einmarschiert. Das heißt allerdings nicht, daß die USA auf eine Präsenz im Konflikt verzichten würden. Aktuell befinden sich laut Pentagon 175 bis 200 US-Militärs in Kolumbien, die der kolumbianischen Armee als Militärberater im "Kampf gegen Drogen" beistehen, sowie weitere 100 Agenten des CIA und der Antidrogenbehörde DEA.

Weitere 15.000 US-Soldaten verschiedener Einheiten sind im vergangenen Jahr auf Grenzstaaten (außer Venezuela) und Länder der Karibik verteilt worden. Ganz offiziell stammten auch mit 9.558 Absolventen bis zum 1. Januar 2000 mit Abstand meisten an der berüchtigten US-Militärschule School of Americas (Fort Benning, Georgia) (http://www.soaw.org/) ausgebildeten lateinamerikanischen Militärs aus Kolumbien (es folgt mit 6.609 El Salvador). In Kolumbien genossen die Hälfte der 247 nachgewiesenermaßen in schwere Menschenrechtsverbrechen involvierten Militärs ihre Ausbildung an SOA, die sich aufgrund schwerwiegender Image-Probleme Anfang 2001 in "Institut der westlichen Hemisphäre für Sicherheitskooperation" umbenannte.

1999 bildete auch die französische Polizeieinheit RAID kolumbianische Spezialtruppen der GAULA in Antiguerilla-Taktiken ausbildeten. Dies auch noch ausgerechnet in den Counterinsurgency-Camps der Militärschule von Tolemaida, eine der zentralen Schaltstellen des kolumbianischen Paramilitarismus. Zudem sind die GAULA-Truppen selbst tief in den Paramilitarismus und sogar in Entführungen verwickelt.

Der Krieg gegen die Bevölkerung wird zunehmend professionalisiert und internationalisiert, aber auch privatisiert. Zusätzlich zu us-amerikanischen Militärausbildern sind mindestens acht private Kriegsunternehmen, vornehmlich aus den USA, in Kolumbien aktiv.

Die direkte Beteiligung internationaler privater Kriegsunternehmen in Kampfhandlungen blieb zunächst weitgehend unbemerkt, bis am 18. Februar 2001 die FARC in Caqueta, im südwesten Kolumbiens, einen Hubschrauber des Typs Huey II der kolumbianischen Polizei traf, der die Besprühung aus der Luft von angeblichen Koka-Feldern begleitete. Dabei handelt es sich häufig um gemischte Operationen an denen das Personal jeweils zur Hälfte aus kolumbianischen Militärs oder Polizisten und us-amerikanischen Militärs, DEA-Angehörigen, Söldnern oder privat angeheuerten "Experten" besteht. Nachdem der verletzte Pilot eine Notlandung vornehmen musste, kam ein mitfliegendes "Rettungsteam" des Unternehmens DynCorp (www.dyncorp.com), ein sogenanntes SAR-Team (search and rescue) und evakuierte den Piloten und seine Begleiter. Die vier us-amerikanischen Retter, allesamt mit M-16 Maschinengewehren bewaffnet, lieferten sich dafür Gefechte mit der Guerilla. Der verletzte Pilot, Giancarlo Cotrino, war ebenfalls kein Kolumbianer, sondern von DynCorp für die Besprühung angeheuert worden. DynCorp ist ein US-Unternehmen aus Reston, Virginia, das logistische Aufgaben für Militäroperationen übernimmt und traditionell eng mit der US-Army zusammenarbeitet. DynCorp ist an der Organisation der Besprühungen beteiligt und stellt die dafür notwendigen Fachkräfte, wie Piloten, Mechaniker und medizinisches Personal ein. Die Piloten sind ein kleiner Teil der 355 - die Hälfte davon US-Amerikaner - der formal als Zivilisten geltenden Mitarbeiter von Dyncorp in Kolumbien.

Auch das us-amerikanische Kriegsunternehmen MPRI (www.mpri.com und www.mprisucks.com/), das von ehemaligen hochrangigen US-Militärs geführt wird und bei Pentagonsitzungen stets als Gast eingeladen wird, ist mit etwa 300 Ausbildern und Personal in Kolumbien tätig mit einem finanziellen Gesamtrahmen von 4,3 Millionen Dollar. MPRI ist Abstimmung mit dem Pentagon in zahlreichen Ländern weltweit aktiv und beriet auch das kroatische Militär im Jugoslawienkrieg.(MPRI :2000) Bei ihren Aktivitäten verschwimmen einerseits die Grenzen zwischen der Ausbildung von Militärs und Paramilitärs und andererseits die Grenzen zwischen beratender Tätigkeit und direkten Eingriffen in Kampfhandlungen.

Gemäß eines vom US-Kongress verabschiedeten Gesetzes um die "Vietnamisierung Kolumbiens" zu verhindern, darf die Präsenz us-amerikanischen Personals im Rahmen des Plan Colombia die Zahl von 500 Militärangehörigen und 300 angeheuerten Privatpersonen nicht überschreiten. Doch auch wenn Unternehmen wie DynCorp und MPRI diese Bestimmung damit zu umgehen versuchen, dass etwa die Hälfte ihres in Kolumbien aktiven Personals aus anderen Ländern stammt, dürfte die zulässige Anzahl dennoch weit überschritten sein. Schließlich sollen außer DynCorp, MPRI und dem für die Privatwirtschaft tätigen Unternehmen Defense Systems Limited auch noch weitere fünf Söldner- bzw. Kriegsunternehmen in Kolumbien aktiv sein.

In den USA herrscht auch die Befürchtung einer Ausweitung des Konflikts. Die konservative Rand Corporation (www.rand.org) beschreibt das wie folgt: "The widening of Colombia'sconflict would severely test the viability of the existing regional security architecture and of U.S. leadership in hemispheric security institutions. The states most threatened by the spillover of the conflict would seek U.S. assistence and leadership. Others could try to work out an accomodation with the guerillas. The United States would be confronted by the choice of leading a coalition-building effort to stabilize the regional en-vironment, letting events take their course, or deferring to initiatives led by other parties (for instance, Brazil) and accepting a commensurate loss of regional influence."

Nebst der Sicherheitsorgane sind auch eine Reihe transnationaler Unternehmen in den schmutzigen Krieg involviert. Als erster Fall wurde die Beteiligung der Erdölkonzerns Texaco beim Aufbau paramilitärischer Gruppen in der Region um Puerto Boyacá ab 1983 bekannt. Anfang der neunziger Jahre erhoben Gewerkschaften gegen den Schweizer Multi Nestlè den Vorwurf während der Tarifverhandlungen Paramilitärs für die Liquidierung von Gewerkschaftern eingesetzt zu haben. Der gleiche Vorwurf wird aktuell gegen Coca-Cola erhoben. Ein solches Vorgehen ist in Kolumbien von Unternehmerseite nicht unüblich. Die schwersten Vorwürfe in den vergangenen Jahren richten sich jedoch gegen Erdöl- und Goldunternehmen wie den US-Goldmulti Corona Goldfields, das us-amerikanische Erdölunternehmen Occidental und British Petroleum, die das britische Söldnerunternehmen Defence Systems Limited (die in Kolumbien als Subunternehmen mit dem Namen Defense System Colombia auftreten) mit dem Schutz der Erdölanlagen, der Erhaltung des Betriebsfriedens und der Ausbildung kolumbianischer Polizisten beauftragt haben.

Auch die Paramilitärs griffen von Anfang an auf ausländische, vorwiegend israelische, Militärberater zurück. Eine zentrale Rolle kam den israelischen Söldnern um Yair Klein zu. Klein, der 1988 auch die nicaraguanische Contra in Honduras trainierte und zehn Jahre später beim Sturm auf die Hauptstadt von Sierra Leone in Westafrika als Militärberater dabei gewesen sein soll, kam 1986 auf Initiative des Bananen-Unternehmerverbandes Uniban nach Kolumbien. Der kolumbianischen Staatsanwaltschaft zufolge kontaktierte Uniban einen gewissen Ytzhak Maerot Shoshani, der als Vertreter einer israelischen Rüstungsfirma dem kolumbianischen Verteidigungsministerium Waffen verkaufte. Maerot Shoshani wiederum trat in Verbindung mit Yair Klein, der offensichtlich mit staatlicher Unterstützung nach Kolumbien einreiste - sein Grenzübertritt wurde am Flughafen nicht registriert. Klein bildete unter anderem die Paramilitärs aus, die im März 1988 mehrere Massaker auf Bananenplantagen verübten.

Offiziell hat die US-Regierung die AUC in diesem Jahr in ihrer "Terrorliste" aufgenommen, direkte Folgen hatte dies bisher jedoch nicht. Die Rand Corporation macht indes Vorschläge zur Verfahrensweise, die durchaus mit der offiziellen Distanz kompatibel sind: "... it may be worth considering whether the policy of discouraging the organization of legal self-defense communities is wise. A network of supervised self-defense organizations on the Peruvian model could provide an alternative to the illegal groups."