Im autonomen Landkreis Morelia nimmt die Bevölkerung alles selbst in die Hand

Die Regierung löst deine Probleme nicht!

Am 11. Dezember 1994 führte die Zapatistische Armee zur nationalen Befreiung (EZLN) die Kampagne „Frieden mit Gerechtigkeit und Würde für die indianischen Völker” durch. Die aufständischen Truppen durchbrachen friedlich den Belagerungsring der mexicanischen Armee um die zapatistischen Dörfer. Diese bildeten gleichzeitig neue Räte, ernannten neue Autoritäten und erklärten ihre Distrikte zu „autonomen Landkreisen”. Sie beriefen sich dabei auf den Artikel 39 der mexicanischen Verfassung: „Die nationale Souveränität liegt im Wesentlichen und ursprünglich im Volke. Alle öffentliche Macht kommt vom Volke und wird für das Wohl desselben aufgebaut. Das Volk hat jederzeit das unveräußerliche Recht, die Art seiner Regierung zu wechseln oder zu verändern.“ Mittlerweile existieren in Chiapas 32 autonome Landkreise. Zuletzt gerieten sie in die Schlagzeilen, als die chiapanekische Regierung von Mai bis Juni letzten Jahres vier autonome Landkreise mit einem großen Polizeiaufgebot stürmen und die lokalen Autoritäten inhaftieren ließ. Die vorerst letzte Räumung betraf am 10. Juni 1999 El Bosque, dabei kamen acht Dorfbewohner und zwei Polizisten ums Leben.

Von Dario Azzellini

Das „Abkommen von San Andrés über indianische Rechte und Kultur“, welches vor vier Jahren von der mexicanischen Regierung unterschrieben wurde, spricht den indigenen Gemeinden explizit ein „Recht auf Selbstbestimmung“ zu. Doch die Regierung weigert sich bis heute, das Abkommen umzusetzen. Gleichzeitig sind die autonomen Landkreise ständigen Angriffen ausgesetzt. Im Jahr 1998 waren die offen sichtbaren Herde der Selbstorganisierung der zapatistischen Basis einer der entscheidenden Konfliktpunkte in dem südmexicanischen Bundesstaat. Nach einer breiten Kampagne der chiapanekischen Regierung gegen die autonomen Landkreise, in der immer wieder auf ihre „Illegalität” und die Notwendigkeit, „den Rechtsstaat wiederherzustellen“ hingewiesen wurde, gingen die Ordnungskräfte in die Offensive und räumten vier Landkreise. Darunter auch einen, in dem sich der zur Oppositionspartei PRD gehörende und offiziell gewählte Gemeinderat im Nachhinein zu einem autonomen Landkreis erklärt hatte. Seitdem ist die Lage in den zapatistischen Basis-Gemeinden angespannt.

Die Reise nach Morelia, dem Sitz der Verwaltung des autonomen Landkreises „17. November“, ist beschwerlich und trotz möglicher Überfälle nachts sicherer, da die meisten Kontrollen durch Militär und Polizei tagsüber stattfinden. Nach einer vierstündigen Busfahrt inklusive einmaligem Umsteigen bleibt noch ein Fußmarsch von nahezu drei Stunden.

Am Ortseingang empfängt einen ein ohrenbetäubender Lärm: Schon um sieben Uhr morgens sind Anhänger der (damals noch Regierungspartei) PRI mit Motorsägen dabei, die Bäume der umliegenden Berghänge zu fällen. Dies, obwohl der autonome Landkreis zur Rettung des Baumbestandes ein Verbot dagegen verhängt hat. Abel, Verantwortlicher des „17. November“ für den Bereich Produktion, erklärt später: „Der Berg wird immer kahler. Wir wollen unseren Wald verteidigen, doch die Regierung ist mies, sie kauft die Menschen mit Geld und viele Leute sind schwach und akzeptieren das.“ Zweimal versuchte eine Mehrheit der Dorfbevölkerung die abfahrenden Lkws mit Holz aufzuhalten, doch die PRIisten legten es darauf an, die Situation eskalieren zu lassen, und erstatteten danach Meldung beim Militär. Die ZapatistInnen aus Morelia greifen nun nicht mehr ein, sie befürchten, dass die AnhängerInnen der PRI eine bewaffnete Konfrontation provozieren wollen, um dann wiederum einen Armee-Einsatz zu rechtfertigen. Es ist Abel anzumerken, dass ihm unwohl ist, dass sie gerne einschreiten würden um „ihren Beschluss“ durchzusetzen. In den indigenen Gemeinden stehen die Gemeinschaft und ihr Wohl im Mittelpunkt. Einen von der Gemeinschaft gefällten Beschluss zu brechen stellt einen schweren Affront dar. Schon der Umgang mit alltäglichen Angelegenheiten unterscheidet sich in den autonomen Landkreisen wesentlich von dem in regulären Gemeinden. Meist wird alles in Versammlungen besprochen und gemeinsam umgesetzt, nahezu alle neuen Projekte entstehen kollektiv. Auch das den Dörfern eigene Strafsystem sieht im Wesentlichen Arbeitsdienste für die Gemeinschaft vor, Gefängnisstrafen sind äußerst selten und Geldstrafen existieren faktisch nicht.

Die insgesamt 32 autonomen Landkreise befinden sich alle im Nordosten von Chiapas, in den Regionen der EZLN-Basis. Sie haben kein genau definiertes Territorium. Die einzelnen Gemeinden entscheiden in Versammlungen über ihre Zugehörigkeit. Entscheidungsberechtigt sind alle BewohnerInnen ab 16 Jahre. Die Versammlung kann auch jederzeit gewählte Verantwortliche wieder absetzen, wenn sie der Meinung ist, diese seien ihren Aufgaben nicht zufriedenstellend nachgekommen. „Es ist die Bevölkerung selbst”, erläutert Abel, „die sagt, ,wir machen jetzt einen autonomen, freien Landkreis, die Regierung soll sich raushalten.‘ Wir können selbst alles organisieren und die Arbeiten erledigen. Aber die Regierung will das nicht, weil sie weiß, dass wir dann nicht mehr von der Regierung abhängig sind.“ Daher ist der militärische und ökonomische Druck der Regierung auch entsprechend groß, die autonomen Landkreise erhalten keine Gelder für Löhne, Infrastruktur oder Projekte, keiner der Verantwortlichen wird bezahlt. Ein Teil der Strukturen kann daher nur sehr eingeschränkt arbeiten, so nehmen nur sechs der 32 autonomen Landkreise alle regulären Aufgaben einer Gemeindeverwaltung wahr, stellen Geburts-, Heirats- und Todesurkunden aus und bestrafen Regelverstöße.

Der autonome Landkreis „17. November“, zu dem sich die Kreishauptstadt Morelia und weitere 53 Gemeinden zusammengeschlossen haben, gehört zwar nicht zu den am besten organisierten Zapatista-Gemeinden, jedoch durchaus zu den besser funktionierenden. Udiel, der Präsident des Landkreises, berichtet von der Entstehung: „Alle Gemeinden aus den drei Regionen der Gegend wurden zusammengerufen und wir hielten eine Versammlung ab, wie der Aufbau des autonomen Landkreises aussehen sollte, danach fanden in allen Gemeinden Versammlungen statt und so wurde die Struktur aufgebaut. Sie besteht aus lokalen Räten in allen Gemeinden. Diese bestimmen die Regionalparlamente, welche wiederum das Parlament des autonomen Landkreises 17. November und seine Kommissionen bilden: Ältestenrat, Rechtsprechung, Erziehung, Gesundheit, Finanzen, Arbeit, Frauen, Produktion, Land und Territorium, Jugend, Baumaßnahmen, Menschenrechte.“ Pablo, der Bürgermeister von Morelia, sitzt neben ihm und nickt zustimmend. Als die Frage aufkommt, warum der Name des Landkreises „17. November“ lautet, antwortet er zunächst ausweichend. Schließlich erklärt er lächelnd: „Das ist das Gründungsdatum der Organisation, die Geburtsstunde der EZLN.“

Morelia ist auch einer der fünf Orte, in denen das weltweit von der EZLN einberufene „intergalaktische Treffen gegen Neoliberalismus“ im Jahr 1996 stattfand. Die DorfbewohnerInnen haben eigens dafür in jeder der fünf Gemeinden ein Versammlungszentrum gebaut. Heute werden dort Seminare und Kurse abgehalten. Besonders an Wochenenden herrscht reges Treiben. Einige Hundert indígenas kommen zu Seminaren über Heilpflanzen, Frauengesundheit oder Gemüseanbau.

Frauen, organisiert euch!

Direkt hinter dem Versammlungshaus befindet sich eines der Gemüsefelder der Frauenkooperative. Jeden Morgen um sieben Uhr laufen über zwanzig Frauen zwischen 16 und 60 Jahren mit Hacken dorthin und beginnen zu arbeiten. Insgesamt beteiligen sich 68 Frauen und Mädchen an dem Frauenkollektiv. „Wir arbeiten im Gemüseanbau, zwei Gruppen backen Brot. Vor kurzem haben wir auch einen Laden eröffnet“, erzählt die etwa 30-jährige Juana, während sie barfüßig mit der Hacke in der Hand neben dem schlammigen Feld steht. Der Erfolg der Genossenschaft ist sichtbar. Das Geld aus dem Brotverkauf wurde in den Laden und den Gemüseanbau gesteckt. Aus deren Einnahmen werden nun eine Kaninchen- und eine Hühnerzucht aufgebaut.

Es war für die Frauen nicht leicht, sich durchzusetzen. Maria, eine Veteranin der politischen Strukturen der EZLN, berichtet: „Früher haben wir in den Dörfern sehr gelitten, wir hatten keinen Strom und kein Wasser, nichts. So wollten wir mit unseren Kindern nicht leben und haben uns als Frauen organisiert. Die Soldaten und die Regierung haben uns immer belästigt. Es hat ihnen nicht gepasst, was wir taten. Doch auch unsere Männer haben gesagt, dass wir Frauen nicht reden können und kein Recht dazu haben. Nur die Männer können Ämter übernehmen. Wir Frauen sollten die ganze Zeit im Haus eingeschlossen bleiben. Jetzt gehen wir in jede Gemeinde, immer mit zwei oder drei Genossinnen, um den Frauen dort von unseren Aktivitäten zu erzählen. So wie wir hier Kollektive haben, gibt es jetzt in allen Gemeinden Kollektive.“

Die Frauenkollektive werden wie alle anderen in die regionale Produktionsplanung miteinbezogen. Abel, Verantwortlicher für Produktion, berichtet, dass für die Planung der gesamte autonome Landkreis in drei Regionen und diese zusätzlich in viele Mikroregionen aufgeteilt wurden. „Wir müssen unsere Produktion selbst gestalten, auch das ist ein Teil des Widerstandes. Für uns hat sie oberste Priorität, deshalb organisieren wir seit 1994 unsere Arbeit auf diese Art. Wenn die Leute mit leerem Bauch lernen müssen, werden sie nichts verstehen.“ Seit Einrichtung der Kommission für Produktion ist der Anbau im autonomen Landkreis 17. November stark diversifiziert worden. „Wir schauen, ob der Ort geeignet ist für Mais oder Viehzucht“, erzählt Abel. „Wir entscheiden je nach Ort und Klima, was wir unterstützen. Die Regierung schaut überhaupt nicht, was geeignet ist, sie schicken dir Rinder und später sind alle tot. Oder sie schicken dir irgend etwas zum Pflanzen, z.B. Avocados, was hier gar nicht wächst. Wir sind nicht einverstanden mit dem, was die Regierung macht. Sie gibt ein wenig Unterstützung und verlangt dafür, in die Regierungspartei einzutreten, oder nimmt dir die Wahlbescheinigungen ab.“

Da die Gemeinden des 17. November jegliche Regierungshilfe ablehnen, sind sie ständigem Druck seitens der Militärs ausgesetzt. „Seit 1994/1995 ist die Maisernte stark zurückgegangen. Wegen der Repression der Regierung können wir oft nicht richtig arbeiten”, berichtet Abel. Er führt getreu seiner Funktion über jede Ernte genauestens Buch. Besonders tief sitzt in Morelia noch der Schock über die Ermordung von drei hoch angesehenen Dorfältesten durch die Armee am 7. Januar 1994. Sie wurden von Soldaten verschleppt und später mit schweren Folterspuren tot aufgefunden. „Es kamen etwa 1000 Soldaten mit Schützenpanzern und Maschinengewehren hier ins Dorf, sie haben alle Männer aus den Häusern geholt, uns hier in der Mitte des Dorfes zusammengetrieben, alle gefoltert und drei Männer ermordet. Die Regierung behauptet, sie sei es nicht gewesen. Aber das ganze Volk ist Zeuge“, berichtet Abel sichtlich erregt.

In der Region Chiapas sind mittlerweile 70.000 Soldaten stationiert. Diese Militarisierung verhindert auch den Warenaustausch unter den Mikroregionen. „Sie lassen uns mit Lebensmitteln nicht durch die Straßensperren“, erzählt Abel.

Kämpferische Tradition

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Morelia als Sitz der autonomen Gemeinde ausgewählt wurde. Bereits in den zwanziger Jahren gegründet, ist es das älteste Dorf des Tales. Vor über 30 Jahren kamen zwei katholische Pfarrer dorthin und begannen mit ihrer Arbeit vor Ort. Sie lehrten die Tzeltales feste Dächer und Häuser zu bauen und organisierten mit ihnen wieder kollektive Arbeitsstrukturen, die bereits in Vergessenheit geraten waren. Die Tzeltales begannen Demonstrationen zu organisieren und soziale Kämpfe anzuführen. Für die Indígenas der Region wurde Morelia zum kulturellen und politischen Zentrum, bereits einmal versuchten sie vor etwa 25 Jahren den Sitz des offiziellen Landkreises von Altamirano nach Morelia zu holen. Folglich war die Entscheidung, Morelia zum Sitz des autonomen Landkreises zu ernennen, unumstritten.

Dabei sieht dieses Dorf mit seinen Wegen aus grünem Rasen und festgetretener Erde gar nicht aus wie ein Zentrum eifriger Aktivitäten. Nur etwa 120 Familien, was hier weit über 1000 EinwohnerInnen sind, leben in diesem Ort. Doch die Ruhe trügt, das Dorf ist gespalten, etwa 60 Prozent der Familien gehören zur Basis der EZLN, die anderen nicht oder nicht mehr. Einige haben die Organisation verlassen, weil sie dem ständigen Verfolgungsdruck nicht standhalten konnten. „Es gibt Brüder, die nicht richtig klar sehen und sich dann mit 200 Pesos oder einem Versprechen auf ein Haus zufrieden geben”, erklärt Abel. „Die Regierung versucht auf diese Weise die Organisation zu zerstören.“

Im Dorf sind die regierungstreuen Familien leicht zu erkennen, sie haben kleine Steinhügel vor ihren Häusern aufgehäuft und warten nun seit Monaten darauf, dass die Regierung ihr Versprechen einlöst, ihnen die weiteren Materialien für ein neues Haus zu spenden. Andererseits wenden sich mittlerweile auch einige RegierungsanhängerInnen an die autonomen Instanzen. Udiel, der Präsident des Landkreises, erklärt das damit: „Wir haben gesehen, dass die Regierungsbehörden nicht gerecht sind. Sie lösen deine Probleme nicht, sie wollen einfach nur viel Geld haben. Selbst wenn du nichts getan hast, suchen sie einen falschen Zeugen, um dich übers Ohr zu hauen.” Bei den autonomen Instanzen sei dies anders, „es kommen auch PRIisten zu uns und bitten uns, Recht zu sprechen, denn unsere Gesetze sind für alle gleich. Die Regierung hat uns gezwungen, uns so zu organisieren”, erzählt Abel, „denn vorher gab es keine Gerechtigkeit. So sitzen z.B. Genossen, die nichts getan haben, im Gefängnis.“ Ins Gefängnis kommt in Morelia kaum jemand, und wenn, meist nur zum Ausnüchtern. So etwa ein junger PRIist, der am Sonntagmorgen trotz des in allen zapatistischen Gemeinden herrschenden Alkoholverbots völlig betrunken neben dem Basketballplatz PassantInnen anbrüllt. Ein paar Pfiffe, und schon treten einige Jugendliche, die „zapatistische Polizei”, in Aktion, haken ihn unter und tragen ihn zum Ausnüchtern fort.

Basketball oder Grundbedürfnisse?

Ein betonierter Basketballplatz findet sich übrigens in fast jeder indigenen Gemeinde. Dabei wird in Morelia eigentlich Fußball groß geschrieben. Den Fußballplatz haben die DorfbewohnerInnen selbst hergerichtet. Der Basketballplatz wurde hingegen – wie in allen anderen Gemeinden Chiapas – im Rahmen des „Nationalen Solidaritätsprogramms“, ein Programm zur Entwicklung benachteiligter Regionen, gebaut. Keine Gemeinde hat fließendes Wasser, nahezu keine verfügt über feste Straßen und nur in einigen wurde Strom verlegt, doch ein Basketballplatz findet sich überall. Die Kenntnis über die Funktionsweise der mexicanischen Politik legt die Vermutung nahe, dass die Planer des Programms direkt oder indirekt an der beauftragten Zementfabrik beteiligt gewesen sein müssen.

Doch die Marginalisierung drückt sich nicht nur in der fehlenden Infrastruktur, der unzureichenden Ernährung und Gesundheitsversorgung aus, sondern auch in der fehlenden schulischen Bildung: 53 Prozent der indigenen Bevölkerung Chiapas’ gelten als AnalphabetInnen. Auch dagegen wollen die autonomen Gemeinden vorgehen. „Jetzt werden im Bereich Erziehung viele junge Männer und Frauen ausgebildet, damit sie die offiziellen Lehrer ersetzen können. Das ist die Wurzel der Autonomie“, erklärt Udiel. Schulen mit LehrerInnen, die in den eigenen Sprachen lehren, sind neben der Produktion ein zentraler Bestandteil der Vorhaben der autonomen Gemeinden. Und hier scheinen mehrere Zeitalter nebeneinander zu existieren: In einigen wenigen größeren indigenen Gemeinden haben die zapatistischen Autoritäten mit internationaler Unterstützung sogar Computerschulen aufgebaut. Ebenfalls breit angelegt verläuft der Aufbau eines eigenen Gesundheitssystems, in Kursen und Seminaren werden Krankenpfleger und Laienärzte ausgebildet. Udiel lacht: „Auch wenn die Regierung unsere Autonomie nicht akzeptiert, wir arbeiten schon.“

Viele Gemeinden glaubten mit dem Aufstand von 1994 ihre Situation verbessern zu können. Sie vertrauten der Regierung und votierten deswegen schließlich für einen Waffenstillstand. Doch sechs Jahre später hat sich ihre Situation lediglich verschlechtert und die Verhandlungen wurden ohne Ergebnis abgebrochen: „Die Regierung sagt, sie erfüllt die Verträge von San Andrés, aber das einzige, was sie tut, ist die indianischen Genossen zu ermorden, sie einzusperren, sie verschwinden zu lassen“, erzählt Pablo, der Bürgermeister von Morelia, verbittert. Mittlerweile vermutet auch das Dorf Morelia, dass in seiner Nähe wie in ganz Chiapas regierungstreue paramilitärische Gruppierungen aufgebaut werden. Einmal die Woche, so erzählt man sich, schaue ein Armeeangehöriger vorbei, der sich als Ingenieur ausgibt und sich mit einigen PRIisten trifft.

Aushungern, Inhaftieren, Vertreiben, Paramilitärs, die Liste scheint endlos. Die mexicanische und die chiapanekische Regierung versuchen mit allen Mitteln Druck auf die autonomen Landkreise auszuüben.

Die Artikel erschien erstmals in einer Kurzfassung in: „Arranca“ Nr. 17, Sommer 1999.