Zapatistische Guerilla will Basis über Fortgang der politischen Arbeit befragen. Angriffe von Armee und Paramilitärs befürchtet

Mit Geduld am Ende

Die »Zapatistische Armee zur nationalen Befreiung« (EZLN) geht weiter in die Offensive – wenn auch bislang nur medial. In der Nacht zum Mittwoch veröffentlichte die Guerillaorganisation gleich zwei Erklärungen, nachdem sie bereits am Montag in einem überraschenden Kommuniqué »Alarmstufe Rot« ausgerufen hatte. Die Ankündigung der Zapatisten, ihre Truppen an die Waffen zu rufen, hat in der mexikanischen Öffentlichkeit zu Spekulationen über die Motive geführt. Es ist immerhin der bedeutendste Schritt in der nun über elfjährigen Geschichte des Aufstandes.

In einer neuen kurzen Erklärung gab die EZLN nun bekannt, daß sie sich seit Mitte 2002 »in einem Prozeß der Reorganisierung der politisch-militärischen Struktur« befunden habe, der nun abgeschlossen sei. Die Organisation sieht sich demnach in der Lage, militärische Angriffe abzuwehren. In einem zweiten Kommuniqué wurde der Alarmzustand als »vorbeugende Maßnahme« bezeichnet, weil zur Zeit die Basis der Aufständischen befragt werde. Das Generalkommando wolle Meinungen sammeln, mit deren Hilfe eine Analyse der aktuellen Lage vorgenommen würde, um »eine neue Phase des Kampfes« zu beginnen. Die letzte Befragung der zapatistischen Basis hatte 1995 stattgefunden, damals ging es um die Aufnahme von Verhandlungen mit der Regierung des damaligen Präsidenten Ernesto Zedillo. Die mexikanische Armee reagierte mit einer militärischen Offensive mit dem Ziel, die Führung der EZLN dingfest zu machen.

Die Ereignisse der vergangenen Monate lassen vermuten, daß die Regierung ihr Problem mit der EZLN möglichst vor den Präsidentschaftswahlen im Juli 2006 erneut gewaltsam lösen möchte. Gemäß der Untersuchungen des Zentrums für politische Analysen und soziale und ökonomische Untersuchungen (CAPISE) hat das Militär seine Präsenz in Chiapas in den vergangenen Jahren systematisch ausgebaut. Auffällig sei dabei gewesen, daß mit dem »Biosphärenreservat Monte Azules« eine Zone eingekreist wurde, die als Rückzugsgebiet der EZLN gilt. Hinzu kommen besonders in den vergangenen Wochen verstärkte paramilitärische Aktivitäten. Rund ein Dutzend Familien mußten aus der zapatistischen Gemeinde Andrés Quintana Roo fliehen.

Doch der Staat macht auch auf zivilem Gebiet gegen die zapatistische Bewegung mobil. Vermutlich auf Druck aus Mexiko-Stadt wurden der Solidaritätsorganisation Enlace Civil ihre Konten bei der spanische Bank BBVA gekündigt. Das Kreditinstitut hatte den Schritt vor einem Monat mit »Verdacht auf mögliche Geldwäsche« begründet.

Die jüngste Reaktion der EZLN hatte sich also abgezeichnet. Der Autor der linken mexikanischen Tageszeitung La Jornada, Luis Hernández Navarro, entgegnete daher den erstaunten Reaktionen mit einem kurzen und umfassenden Resümee der vergangenen Jahre: »Der Zapatismus hat es verstanden, geduldig zu sein, aber die Geduld hat ihre Grenze. Der Zaptismus hat es verstanden, vorsichtig zu sein, aber die Vorsicht darf nicht mit Handlungslosigkeit verwechselt werden. Der Zapatismus ist maßvoll gewesen, aber dies kann nicht darin bestehen, jede Art von Aggression zu ertragen.«


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