Deutsche UNICEF gegen Erleichterung bei Waffenexporten:

Zivile Produktion statt Rüstung

Mit Hinweis auf die Sicherung des "Wirtschaftsstandortes Deutschland" fordern derzeit deutsche Politiker zunehmend eine Lockerung der Waffenexportbestimmungen. Die deutsche Sektion des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) wendet sich dagegen.

Mit deren Pressesprecher NORBERT OSTERMEIER sprach DARIO AZZELLINI.

Welche Gründe führen sie an gegen eine Lockerung der Waffenexporte?

Wir wollen nicht mehr Waffen, sondern weniger. Der Waffenexport ist eine Sackgasse. Langfristig schafft er weltweit weder Entwicklung noch Arbeitsplätze. Der Weg muß zivile Güterproduktion statt Rüstung heißen.

Unannehmbar ist, daß Rüstungsgüter in der Dritten Welt weiter Entwicklung verhindern. In den 80er Jahren wurden jährlich eine Billion US-Dollar für Waffen ausgegeben. Wir können uns gar nicht vorstellen, was es für die Länder der Dritten Welt bedeutet hätte, wenn auch nur ein Teil davon sozial investiert worden wäre.

Nun wird ja oft angeführt, daß dann andere Staaten die Waffen verkaufen würden...

Das ist eine Fehlannahme. Auch das Angebot schafft eine Nachfrage. Wenn in Konflikten ein vermehrtes Angebot an Waffen besteht, werden diese dadurch noch verschärft. Wir hatten ja nach dem Golfkrieg in Deutschland eine große Debatte über das Für und Wider von Waffenexporten. Damals wurde die Ausrichtung auf Waffenexport als Fehlentwicklung gebrandmarkt. Nur weil wir jetzt in einer Konjunkturkrise stecken, dürfen wir auf keinen Fall die Kontrollbestimmungen wieder aufweichen.

Können Sie ein Beispiel für verstärkte Ausrichtung der Bundesregierung auf Waffenproduktion geben?

Die Bundesregierung subventioniert z. B. die Entwicklung neuer Landminen mit mehreren hundert Millionen DM Steuergeldern. Das ist natürlich auf Export ausgerichtet. Laut Bundesregierung dürfen Minen nur ins NATO-Ausland geliefert werden und nicht in sogenannte Krisenregionen. Aber man weiß, dass wenn sie etwa in der Türkei landen, dann auch weiter exportiert werden. Wir finden deutsche Minen z. B. in Angola, Somalia, Afghanistan und Kambodscha.

Jeden Monat werden 1 200 Personen durch Landminen verletzt oder getötet, die Zivilbevölkerung ist besonders betroffen. Vielerorts können die Menschen nicht mehr auf die Felder.

Wenn wir unsere Politik darauf ausrichten, daß die Länder der Dritten Welt immer mehr unsere Waffen kaufen, dann verschärfen wir das Elend, die Armut, und indirekt auch die Konflikte. Dann dürfen wir uns nicht wundern, dass diese Welt immer unfriedlicher wird. Wir müssen den Trend umkehren und weniger Waffen exportieren.

Deutsche Politiker verweisen gerne darauf, daß die Bonner Waffenexportgesetze im europäischen Vergleich streng sind. Dennoch ist die BRD der drittgrößte Waffenexporteur weltweit und ständig werden neue Lieferungen aufgedeckt. Wie geht das zusammen?

Wenn diese Waffen überall auf der Welt auftauchen, dann stimmt etwas mit den Kontrollgesetzen nicht. Offensichtlich gibt es Mittel und Wege für deutsche Rüstungsproduzenten, Waffen in Konfliktregionen zu liefern. Entweder hat man dann den politischen Willen, die Löcher zu stopfen, oder es ist nicht möglich, dann müßte man sich z.B. über Produktionsverbote unterhalten. Aber auf keinen Fall darf man die gesetzlichen Bestimmungen lockern.