Venezuelas Präsident Hugo Chávez siegte bei Referendum. Preise auf Ölmärkten sinken

Nein zum Rückschritt

Der Präsident Venezuelas wird auch künftig Hugo Chávez heißen. Am frühen Montagmorgen gegen vier Uhr (Ortszeit) verkündete Francisco Carrasquero, der Präsident des Nationalen Wahlrates (CNE), in der venezolanischen Hauptstadt Caracas das vorläufige Ergebnis des Referendums zur Beendigung der Präsidentschaft des linken Staatsoberhauptes. Demnach votierten 58,25 Prozent der Venezolanerinnen und Venezolaner gegen eine Amtsenthebung des Präsidenten. 41,74 Prozent stimmten für den Vorschlag der rechten Opposition. Damit kann Chávez sein Mandat bis Januar 2007 zu Ende führen. Die Auszählung der Stimmen hatte sich verzögert, weil die Wahllokale aufgrund des großen Andrangs am Sonntag nicht wie vorgesehen schon am Nachmittag geschlossen werden konnten. An manchen Orten gaben die Menschen noch nach Mitternacht ihre Stimmen ab. Die Wahlbeteiligung lag mit über 60 Prozent vergleichsweise hoch. Im Dezember 1999, als Chávez erstmals zum Präsidenten gewählt wurde, hatte sie nur knapp 45 Prozent betragen.

In einer ersten Ansprache sagte Chávez, er werde die Versorgung der Weltmärkte mit Öl aus dem südamerikanischen OPEC-Staat garantieren. Die Ölmärkte reagierten am Montag mit sinkenden Preisen auf den Verbleib von Chávez im Amt.

In dem südamerikanischen Land hatte sich die Opposition bis zuletzt siegessicher gegeben, obwohl nahezu alle Umfragen einen klaren Sieg von Chávez prognostizierten. Während am Montag Vertreter der Opposition in Caracas von Wahlbetrug sprachen, bestätigten sowohl der ehemalige US-Präsident James Carter als auch zahlreiche weitere internationale Beobachter das Votum. Nur der rechtsgerichtete Expräsident Kolumbiens, César Gaviria, zeigte sich als Vertreter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) unzufrieden.

Das Oppositionsbündnis mit der Bezeichnung »Demokratische Koordination« erklärte, seine Mitglieder würden »die Ergebnisse kategorisch ablehnen«. Untersuchungen des Unternehmens »Sumate« hätten ergeben, daß 59,4 Prozent für die Absetzung Chávez’ gestimmt hätten. Ein solches Vorgehen war von vielen Beobachtern erwartet worden. Während die Regierung im Vorfeld wiederholt erklärt hatte, das Ergebnis anzuerkennen, konnte sich die Opposition zu keiner solchen Aussage durchringen.

Bei gewalttätigen Zwischenfällen starben drei Personen, fünf weitere wurden verletzt. Darüberhinaus blieb die Lage in Venezuela am Tag des Referendums relativ ruhig. In einigen Bundesstaaten wurden Personen mit gefälschten Abstimmungskarten, andere mit mehreren »Personalausweisen« festgenommen. Noch am Nachmittag des Wahltages hatte der Wahlrat auf einer Pressekonferenz eine gefälschte Tonbandaufzeichnung veröffentlicht, auf der CNE-Präsident Carrasquero vermeintlich den Sieg der Opposition verkündete. Die Aufnahme war zuvor bei einer Polizeikontrolle sichergestellt worden.

In den Straßen Venezuelas feierten am Montag Hunderttausende den Sieg des Präsidenten Hugo Chávez. Diverse Basisorganisationen protestierten gegen Forderungen von Carter-Zentrum und OAS nach einem Dialog zwischen Opposition und Regierung. Als Chávez nach der Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses in Caracas vor seinen Anhängern ähnliche Ankündigungen machte, schallten vereinzelt Pfiffe aus der Menge. Linke Basisorganisationen forderten nun eine Vertiefung des Prozesses sozialer Transformationen in Venezuela. Immerhin erklärte Chávez in seiner ersten Ansprache vor dem Präsidentenpalast Miraflores auch: »Von heute an beginnt eine neue Etappe der bolivarianischen Revolution.« Es ginge nicht nur um einen Präsidenten, sondern um eine Alternative zur Ausbreitung des hemmungslosen Neoliberalismus. »Wir werden dem Volk geben, was dem Volk gehört«, rief Chávez seinen Anhängern zu. Die politischen »Kommandos«, die im Vorfeld des Referendums von Haus zu Haus gezogen waren, um für die Regierung zu werben, würden aufrechterhalten werden, »denn in ihnen schlägt das Herz der Revolution«.

Unter den rund einhundert Beobachtermissionen in Caracas befand sich auch eine Delegation linker EU-Parlamentarier. Die deutsche PDS-Europaabgeordnete Sahra Wagenknecht zeigte sich als Mitglied der Gruppe vom Ausgang des Referendums »erfreut« und bezeichnete es als »Votum gegen den Neoliberalismus und Marktgläubigkeit«. Auch die venezolanische Abgeordnete Cilia Flors von der Regierungspartei Bewegung Fünfte Republik bezeichnete den Ausgang der Wahl im Gespräch mit junge Welt als »deutliches Zeichen, daß die Mehrheit der Bevölkerung hinter Präsident Chávez steht«. Flores äußerte ihre Hoffnung, daß die US-Regierung nun ihre »offene und provokative Finanzierung der rechten Opposition« einstelle und nach fast sechs Jahren feindlicher Haltung zu einem »rationalen Dialog« mit der venezolanischen Regierung finde.