Vor Ort: Neue Impulse für Landwirtschaft im früheren Orangenhain Nikaraguas

Villa 15 de Julio setzt auf ökologischen Anbau

Wer auf der Landstraße aus der westnikaraguanischen Stadt Chinandega hinausfährt, trifft am Kilometer 169 auf das Städtchen Villa 15 de Julio. Der Ort besteht vorwiegend aus ärmlichen Häusern und notdürftig zusammengezimmerten Hütten. Feste Straßen gibt es dort nicht. Das bedeutet Staub in der Trockenzeit, in der Regenzeit versinkt alles im Schlamm.

Dabei galt die Region einst als Orangenhain Nikaraguas. Dann kam der Baumwollboom der 50er Jahre. Exportorientierte Großgrundbesitzer entdeckten das große Geschäft und vertrieben Zehntausende von Kleinbauern von ihren Parzellen. Die großen Monokulturen verursachten Bodenerosion und das Austrocknen aller sechs Flüsse der Region.

Nach der sandinistischen Revolution wurden sieben große staatliche Landwirtschaftsbetriebe geschaffen, die mit der Machtübernahme der konservativen Regierung Chamorro 1990 reprivatisiert wurden. 75 Prozent der Beschäftigten wurden arbeitslos.

Die Bevölkerung von Villa 15 de Julio setzte sich dagegen zur Wehr. Im März 1990 besetzten Beschäftigte gemeinsam mit Arbeitslosen fünf der ehemals staatlichen Landwirtschaftsbetriebe. Behörden und Polizei ließen die "Fincas" wieder räumen. "Sie verbrannten unsere Hütten und alles, was drinnen war, die Kleider, die Hängematten ...", erzählt die 32jährige Rosa. Dennoch erhielt man im Dezember 1990 provisorische Eigentumstitel, die zwei Jahre später nach einigem Hin und Her mit der Regierung endgültig von einem Gericht anerkannt wurden.

Die fünf Agrarkollektive haben sich mit einem Frauenkollektiv und jeweils zwei Arbeitslosen- und Viehzuchtkollektiven zusammengeschlossen und arbeiten eng mit der Landarbeitergewerkschaft ATC zusammen. Die Mitglieder der Kollektive dürfen ihren Anteil weder verpachten noch verkaufen. Ziel ist die vollständige Umstellung der Produktion. Wiederaufforstung, Terrassenanbau und Anpflanzung von Hecken sollen die Bodenerosion eindämmen. Erdnüsse, Soja und Reis werden zur Selbstversorgung angebaut, Cashewnüsse, Neembäume und Sesam auch für den Export. Und alles ökologisch verträglich, sogar die Insektizide sollen auf natürliche Weise aus dem Neembaum gewonnen werden. Cashewnüsse und Sesam sollen ab 1995 vor Ort zu Keksen und Mus weiterverarbeitet werden.

Da genügend Weidefläche vorhanden ist, ist die Verdoppelung des Viehbestandes mit derzeit 150 Milchkühen vorgesehen. Zudem soll dann auch ein Betrieb zur Käseherstellung und Milchentrahmung errichtet werden. Eine von 40 Familien geführte Schweinezucht ist ebenfalls im Aufbau.

Weil die Kollektive kaum Kredite bekommen, soll der Bestand im Laufe der Zeit aus Eigenmitteln aufgestockt werden. Finanziert werden die Projekte aus einem einzigen Topf. Die im Rotationsverfahren in Anspruch genommenen Gelder müssen wieder zurückbezahlt werden, damit sie auch den anderen Projekten zugute kommen können. Der Gesamtumfang beläuft sich für die ersten drei Jahre auf 300 000 US-Dollar. Ein Drittel der Summe wurde bisher vom Wuppertaler Infobüro Nikaragua überwiesen.

Infobüro Nikaragua, Friedrich-Ebert-Str. 141 b, Postfach 101320, 42013 Wuppertal, Tel.: 0202-300030. Spendenkonto bei Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ: 330 500 00, Konto: 976 738 (Stichwort: "Villa 15 de Julio").