Das «Volk» will nicht

Die Anti-Chavez-Kräfte scheinen mit ihrer Strategie der Spannung wieder einmal gescheitert zu sein. Der Ruf nach einer Intervention wird lauter.

Seit der weitgehend friedlichen Demonstration der Opposition am vergangenen Samstag ist die Situation in Venezuela ruhig geblieben. Am Mittwoch Nachmittag versammelten sich im wohlhabenden Osten von Caracas, trotz täglicher Aufrufe der privaten Fernsehanstalten, nur Wenige zu einer Demonstration gegen die Regierung. Nicht mehr als 5000 Personen folgten dem Aufruf der Opposition, der seit Anfang der Woche etwa alle zwanzig Minuten in den grössten TV-Sendern des Landes ausgestrahlt wurde. Auch auf der vermeintlichen Grossdemonstration vom Samstag befanden sich nach Auswertung von Luftaufnahmen grosszügig geschätzt höchstens 70 000 Menschen.

Bremsend und unschlüssig

Die extremen Gewaltakte der Opposition und deren Weigerung, sich klar zur Anerkennung der Ergebnisse des Nationalen Wahlrates zu bekennen, haben sie auch in eigenen Kreisen viele Sympathien gekostet. Der immer lauter werdende Ruf nach einer internationalen Einmischung scheint durch die immer geringere Resonanz in Venezuela selbst verschuldet zu sein. Verschiedene Ratingunternehmen der Wall Street gehen davon aus, dass Präsident Hugo Chávez im Falle eines Referendums seine Amtszeit zu Ende führen wird. Das mit der Opposition eng verknüpfte rechte Meinungsvorschungsunternehmen Datanalisis bescheinigte Chávez kürzlich mit 45 Prozent Unterstützung das beste Ergebnis der vergangenen Jahre.
Die Strategie der Opposition konzentriert sich derweil immer stärker auf eine Verweigerung der Teilnahme an der Korrekturprozedur der zweifelhaften Stimmen für ein Referendum gegen Chávez. Dies obwohl der Nationale Wahlrat den Zeitraum für die Korrektur der bisher etwa 870000 dubiosen Unterschriften auf fünf Tage verlängern will. Diese Verlängerung scheint ein Ergebnis von Verhandlungen mit der Opposition zu sein, denn gemäss der geltenden Statute hätten die zur «Reparatur» geschickten Unterschriften auch direkt annulliert werden können. Eine Entscheidung der Opposition wird nach erneuten Gesprächen mit dem Wahlrat am Donnerstag erwartet. Die Opposition ist bei Redaktionsschluss auch intern noch gespalten über die Vorgehensweise.

Rechte Vernetzungen

Zur Zeit werden die terroristischen Kontakte der Opposition immer deutlicher. Vor einigen Tagen wurde der Putschist und Ex-General der venezolanischen Nationalgarde, Felipe Rodríguez, in Kolumbien geortet. Rodríguez, bekannt als «El Cuervo», «der Rabe», konnte gemäss Geheimdienstinformationen nach einem Hubschrauberunfall im kolumbianischen Departement Cesár unverletzt flüchten. Der Hubschrauber gehörte den kolumbianischen Paramilitärs der AUC. «El Cuervo» hatte sich mit dem militärischen Anführer der AUC, Salvatore Mancuso, getroffen, um über den Kauf von Waffen und die Ausbildung von AUC-Kämpfern zur Durchfühung terroristischer Angriffe in Venezuela zu sprechen. In Venezuela selbst wird Rodríguez ausserdem der Beteiligung an verschiedenen Bombenanschlägen, unter anderem auf die spanische und die kolumbianische Botschaft, sowie des Mordes an mindestens drei Soldaten und zwei weiteren Personen verdächtigt. Er gehörte zum Kern der rebellierenden Militärs, die über Monate hinweg einen Platz in Caracas, im Nobelviertel Altamira, besetzt gehalten und zum Sturz von Chávez aufgerufen hatten. Die Militärs wurden ebenfalls von der vermeintlich «demokratischen Opposition» Venezuelas unterstützt.