Abdullah Öcalan
Der Onkel
Die regierungstreue türkische Presse hat ihn soeben für tot erklärt, und das nicht zum ersten Mal. Abdullah Öcalan, Vorsitzender der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), ist seit vielen Jahren Ankaras Staatsfeind Nr. 1. Denn in Kurdistan unterstützt fast jeder, der nicht gerade für die türkische Polizei oder das Militär arbeitet, die PKK.
Der 45jährige charismatische Bauernsohn aus Urfa hatte 1978 die Arbeiterpartei mitgegründet. Nur ein Jahr später mußte der Student der Politikwissenschaften ins Exil gehen. Im August 1984 erklärte die ERNK, der militärischer Arm der Partei, Ankara den Krieg. Öcalan, der als Theoretiker des kurdischen Befreiungskampfes gilt, hatte erstaunlichen Erfolg mit seinem Konzept: Die Verquickung des Kampfes gegen die Unterdrückung der kurdischen Kultur mit sozialistischen Gesellschaftsvorstellungen sprach der Mehrheit der Bevölkerung aus dem Herzen. Nicht zuletzt wegen der brutalen Repression durch Ankara.
Als PKK-Vorsitzender ist Öcalan unumstritten, und in der Bevölkerung wird er häufig Apo , der Onkel, genannt. Offiziell spricht er sich gegen Personenkult aus, doch sein Bild ist im nach wie vor stark feudal geprägten Türkisch-Kurdistan überall zu sehen. Überlebensgroß steht er auf Plakaten neben einem Wasserfall, hunderte Guerrilleros jubeln ihm zu ... Wie es heißt, hat die PKK außer in Libanon und Irak neuerdings auch in Armenien Trainingscamps.
Bei der Meldung vom Tod Öcalans, er hatte jahrelang sein Büro in Damaskus, der heutige Aufenthaltsort ist unbekannt, war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Doch selbst sein Tod würde den Konflikt nicht beenden. Denn die Arbeiterpartei ist in der kurdischen Bevölkerung stark verankert. Dies auch unter den vielen kurdischen Emigranten in Deutschland erst vor einigen Monaten hatten in Bonn 150 000 Kurden unter ihren Fahnen für Unabhängigkeit demonstriert.
Mit oder ohne Öcalan, der Konflikt ist letztlich nur durch Verhandlungen lösbar, wie sie die PKK wiederholt angeboten hat.