Mit vollem Einsatz protestierten Anwohner gegen Einebnung eines Spielplatzes in Friedrichshain

Umkämpfter Spielplatz

Die Sprengmeister staunten nicht schlecht, als sie am frühen Dienstagmorgen das künftige Baugelände der Commercial GmbH, Boxhagener/Ecke Kreutzigerstraße in Berlin-Friedrichshain betraten, um es auftragsgemäß nach Blindgängern aus dem zweiten Weltkrieg abzusuchen. Statt der erwarteten Freifläche fanden sie den dort seit fast drei Jahren existierenden Abenteuerspielplatz vor. Nicht genug damit, es hatten sich nämlich auch noch etwa 50 AnwohnerInnen, zumeist aus besetzten und ehemals besetzten Häusern Friedrichshains, dort versammelt, um gegen die Räumung des Spielplatzes zu protestieren.

Der Streit um das Gelände und den darauf errichteten Spielplatz währt schon lange. Die Commercial GmbH, die dort eine Ladenzeile und Wohnungen bauen will, hatte bereits für Anfang Dezember 1994 die Räumung beantragt. Viele AnwohnerInnen und besonders die Friedrichshainer Kinder wehrten sich. Der Stadtteil zeichnet sich ohnehin durch fehlende Spielflächen aus, der Kiez um den Abenteuerspielplatz verfügt lediglich über ein Fünftel der gesetzlich vorgeschriebenen Spielfläche. Nach langen Verhandlungen hatten sich schließlich der Verein, der als Träger des Abenteuerspielplatzes auftritt, und die Commercial GmbH Anfang des Jahres außergerichtlich auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von 135 000 Mark „geeinigt“ - zu verwenden für „Kinder- und Jugendprojekte“. Das Geld liegt seitdem auf einem Treuhandkonto, das der Anwalt des Vereins verwaltet.

Der Verein ist danach bei den Protesten nicht mehr in Erscheinung getreten, doch die AnwohnerInnen stellen sich weiter gegen die Räumung. Diese glich am gestrigen Tage jedoch einem Possenspiel. Gegen 7.30 Uhr kamen die Sprengmeister und begannen zu warten. Im Laufe des Vormittags wurde ein Bagger herangefahren, mit dem einige Bauarbeiter schließlich den Zaun um den Spielplatz einzureißen versuchten, was ihnen nicht gelang, da sich mehrere Personen an den Zaun und die Schaufel des Baggers klammerten. Der daraufhin abgestellte Bagger wurde dann schließlich gegen Mittag wieder abtransportiert – mittlerweile jedoch, auf Grund durchschnittener Hydraulikschläuche und beschädigter Reifen, nicht mehr einsatzfähig. Ebenso zeigte der Gerätewagen der Sprengmeister deutliche Spuren plötzlicher Abnutzung.

Der Kampf der SpielplatzbesetzerInnen gegen das Böse schien gewonnen, viele zogen sich wieder zurück, nur wenige verblieben auf dem Spielplatz. Plötzlich jedoch ertönte erneut die Sirene der Kreutzigerstraße, ein untrügliches Zeichen für Trouble im Kiez. Zehn Polizeiwannen sperrten die Kreuzung ab. Wie eine Horde wildgewordener Büffel stürzten sich mehrere Dutzend Polizeibeamte knüppelschwingend in die Kreutzigerstraße, mit Leitern und Sägen stürmten sie den leeren Abenteuerspielplatz und nahmen schließlich, um nicht mit ganz leeren Händen dazustehen, die Hälfte eines Stahltores mit, das sie kurz zuvor aus den Angeln gehoben hatten. Dann zogen sie wieder ab.