US-Militärakademie "School of Americas" macht als "Institute" weiter

Bad guys mit neuem Namen

Das US-Verteidigungsministerium reagiert auf wachsenden öffentlichen Druck und schließt offiziell eine Militärakademie, in der lateinamerikanische Militärs ausgebildet wurden, die später oft führend an Aufstandsbekämpfung und Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren. Doch die formelle Schließung der School of Americas (SOA) ist nur ein publicity trick, meinen Kritiker.

Am 15. Dezember schloss die berüchtigte SOA in Fort Benning, Georgia, ihre Pforten. Ein Tag auf den Menschenrechtsorganisationen lange gewartet haben. Grund zur Freude besteht dennoch nicht. Denn am 17. Januar 2001 wird die Ausbildungsstätte für lateinamerikanische Militärs als "Institut der westlichen Hemisphäre für Sicherheitskooperation" wieder eröffnet.

In den 54 Jahren ihrer Existenz bildete die SOA über 61.000 Militärs aus 21 lateinamerikanischen Ländern aus, zuerst in Panama, wo das Institut nach dem Zweiten Weltkrieg in der US-Kanalzone gegründet wurde, dann ab 1984 in den USA. Unter den Absolventen befanden sich der grausame Führer der Todesschwadrone El Salvadors Major D'Aubuisson genauso wie Militär aus Argentinien, Panama und Bolivien, auf deren Konto Tausende von Verschwundenen und Ermordeten, meist linken Oppositionelle, gehen.

Die Entscheidung die Ausbildungsstätte umzubenennen, wurde getroffen, nachdem die SOA zunehmend in die Kritik von Menschenrechtsgruppen geraten war. Sogar offizielle Regierungsstellen mussten zugeben, dass illegale Praktiken wie die Anwendung von "Einschüchterung, Kopfgelder für getötete Feinde, Schläge, willkürliche Verhaftungen, Exekutionen und Wahrheitsserum" unterrichtet worden waren, wie eine Kommission des US-Verteidigungsministeriums Mitte der 90er Jahre in einem Bericht schrieb.

Im Rahmen der publicityträchtigen Entschuldigungen für die Unterstützung verschiedenster Diktaturen in Lateinamerika durch die US-Regierungen beteuerte die Clinton-Administration auch eine grundlegende Wende in der US-amerikanischen Lateinamerikapolitik. Tatsächlich aber blieb die SOA weiter bestehen. Die Proteste gegen die Einrichtung nahmen aber stetig zu. Im Mai 1999 forderten mehrere tausend Menschen vor dem Weißen Haus ihre Schließung und zuletzt protestierten über 10.000 Personen Mitte November letzten Jahres direkt vor Fort Benning in Georgia für das endgültige Aus der Ausbildungsstätte. Etwa 3.600 drangen dabei auf das Gelände, gegenüber 2.100 von ihnen wurde bereits in Schnellverfahren ein Bann ausgesprochen.

Auch im Parlament wurde die SOA kritisiert. Der erste Antrag die Schule zu schließen war am 11. Februar 1999 von mehreren Kongressabgeordneten gestellt worden. Es dauerte aber noch über ein Jahr bis sich der Kongress endgültig dazu durchringen konnte. Solange brauchte es wohl, um sicher zu stellen, dass das Ende von Fort Benning nicht auch das Ende der Ausbildung US-kontrollierter bad guys bedeutete.

"Die Entscheidung die Schule zu schließen war sehr schwer", so Luis Caldera, US-Army-Secretary. "Seit ihrer Entstehung hatte sie einen der bedeutendsten Anteile am Erfolg der Politik der USA in der Region". So schwer wird der Abschied der US-Army aber nicht fallen, hat doch die Schule lediglich ihren Namen geändert und wurde dem US-Verteidigungsministerium unterstellt, während sie vorher direkt der Army unterstand.

Für die Gegner der berüchtigten Ausbildungsstätte ist der Kampf damit allerdings nicht beendet. "Den Kongress mögen sie getäuscht haben, aber die Leute nicht", so der Priester Roy Bourgeois, der 1990 die Organisation School of Americas Watch (SOAW) gründete. "Wir werden im Januar wieder vor dem neuen Kongress protestieren und immer wieder kehren, bis die ,Mörderschule` geschlossen wird", verspricht er. "Es ist das gleiche Gebäude, es sind die gleichen Ausbilder, die gleichen Schüler und die gleiche Ideologie. Es ist als würde man ein Penicillin-Etikett auf eine Giftflasche kleben: sie bleibt weiterhin tödlich", führt Bourgeois weiter aus.

Die Veränderungen gehen wohl tatsächlich nicht weit über den Namen hinaus. Gegenüber ihren wichtigsten Zöglingen erweist sich die US-Regierung in dieser Hinsicht auch als weitaus ehrlicher als gegenüber der Öffentlichkeit. So äußerten der kolumbianische Verteidigungsminister Luis Fernando Ramírez und der Generalkommandeur der kolumbianischen Armee General Fernando Tapias auf Anfrage der kolumbianischen Tageszeitung El Tiempo einhellig, der US-Kongress und die US-Regierung hätten ihnen zugesichert, die Ausbildungsstätte werde weiterhin in Funktion bleiben und die kolumbianischen Militärs könnten weiterhin dort ausgebildet werden. "Was geschah, war eine Änderung des Namens und des Programms, aber es ist nicht so, dass es vorbei ist", versicherte Verteidigungsminister Ramírez.

Auffällig ist, dass mit 9.558 Absolventen bis zum 1. Januar 2000 die mit Abstand meisten an der SOA ausgebildeten Militärs aus Kolumbien stammen, das lateinamerikanische Land in dem die meisten Menschenrechtsverbrechen begangen werden. Jährlich werden hier nach Angaben unabhängiger Menschenrechtsorganisationen an die 3.000 Menschen aus politischen oder "wahrscheinlich politischen" Gründen ermordet, zum Opfer "sozialer Säuberungen" oder "verschwinden". Wurden 1992 noch 50 Prozent der politischen Morde von Armee und Polizei und weitere 33,5 Prozent von paramilitärischen Gruppen verübt, hat sich dieses Verhältnis in den letzten Jahren verschoben. Heute zeichnen die offiziell unabhängigen Paramilitärs für die meisten Massaker verantwortlich. Diese genießen jedoch den Schutz von Polizei und Militär, arbeiten eng mit diesen zusammen und treten teilweise sogar in Personalunion auf. Eine Strategie, die ebenfalls in der SOA gelehrt wird.

Homepage der School of Americas Watch: http://www.soaw.org