Zwischen Opposition und CIA abgestimmte Terrorpläne

"Venezuela wird explodieren, auseinander fliegen!"

Ende Oktober 2003 legten Parlamentsabgeordnete der MRV (Bewegung V. Republik), der Partei des venezolanischen Präsidenten Chávez, der Presse Material vor, das die Existenz eines Terrorplans der Opposition gegen die Regierung und die Verwicklung des CIA beweisen soll. In einem Video sind Beamte der oppositionell geführten Stadtpolizei von Baruta und Chacao mit einigen Mitarbeitern der von "Sicherheitsunternehmen" und einem Angestellten der US-Botschaft, Ex-Army-Oberst Corri, zu sehen. In den Gesprächen über "Operationsweisen" und "Diskretion" geht es immer wieder um "die Botschaft" und "den Botschafter". Einer der Anwesenden äußert schließlich: "Wir können ja nicht rumlaufen und an jeder Ecke erzählen, daß wir vom CIA sind". In den Gesprächen werden auch verschiedene Brücken und Autobahnen genannt. Nach Ansicht der Abgeordneten handelt es sich um Informationen und die Ausbildung für ein Sabotageszenario. Anschläge und Unruhen sollen die öffentliche Ordnung soweit stören, daß das geplante Referendum gegen Chávez nicht stattfinden kann, um dann die Regierung Chávez zu beschuldigen, undemokratisch zu sein. Die US-Botschaft in Caracas beeilte sich, die Vorwürfe zu dementieren.

Wenige Tage später machten die Abgeordneten jedoch ein zweites Video öffentlich, das die Vorbereitungen auf Sabotage und Putsch mit ausländischer Beteiligung erhärtete. Die Abgeordneten präsentierten darüber hinaus die Aufzeichnung eines Telefongesprächs zwischen dem Generalsekretär der CTV (unternehmerfreundlicher Gewerkschaftsdachverband), Manuel Cova, und dem ehemaligen Vorsitzenden der CTV, Carlos Ortega. Letzterer war einer der Drahtzieher des Putsches von 2002 und lebt jetzt in Costa Rica, um sich der Strafverfolgung zu entziehen. Es wird ein Szenario des Chaos heraufbeschworen, in dem die Rückkehr Ortegas nach Venezuela die Rechtfertigung für eine "zivile Rebellion" liefern soll. "Die Regierung wird fallen" so Ortega, "das wird das größte Chaos auf den Straßen ... in Venezuela, das wird explodieren, auseinander fliegen ..." und dann, so Ortega, "werden wir zehn, zwölf oder fünfzehn Jahre Diktatur brauchen, um das Land zu retten, aber damit habe ich kein Problem".

Ortega meldete sich indes aus Costa Rica und stritt alles ab. Das vorgelegte Telefonat sei eine Montage und Chávez ein "Terrorist, Bandit und Drogenhändler".

In einem anderen öffentlich gemachten Telefongespräch werden Kontakte des vor der Justiz geflohenen Putschisten und ehemaligen Präsidenten des Arbeitgeberverbandes, Carlos Fernandez, zu dem venezolanischen CIA-Mitarbeiter Thor Halvorssen öffentlich gemacht, der wegen Bombenattentaten verurteilt worden ist. Halvorssen und sein in Philadelphia/USA lebender Sohn pflegen auch ausgiebige Kontakte zu kubanischen Exilkreisen.

In den USA arbeiten kubanische und venezolanische Exilanten eng zusammen und haben dort die Möglichkeit, in Ruhe den gewaltsamen Umsturz zu proben. Die US-Zeitung Wall Street Journal berichtete in ihrem Leitartikel vom 29. Januar 2003 von terroristischen Camps in Florida. Demnach trainieren dort eine paramilitärische Allianz, die aus der vom ehemaligen Hauptmann der venezolanischen Nationalgarde Luis Eduardo Garcia geführten "Patriotischen Junta Venezuelas" (JPV) und en "F-4-Kommandos" des Kubaners Rodolfo Frometa besteht. Die JPV trat erstmals vor vier Jahren mit Aufrufen zum Sturz Chávez` in Erscheinung, der Name ist an die "Patriotische Junta Kubas" angelehnt, eine rechtsextreme Exilkubanergruppe mit Sitz in Caracas, die während des Putsches 2001 an Angriffen auf die kubanische Botschaft beteiligt war. Der 37-jährige Garcia, der zur Führung der Putschisten gehört, gab selbst zu, er habe 50 Mitglieder der "F-4-Commandos" ausgebildet. Die beiden Gruppen würden "ihre militärische Erfahrung verbinden und ihre Erfahrungen austauschen". "Wir bereiten uns auf einen Krieg vor", so Garcia der Presse gegenüber. In dem zwischen JPV und F-4 geschlossenen Abkommen wurde "Widerstand gegen neue kommunistische Regimes" in Lateinamerika und dabei auf Brasilien, Kuba und Venezuela hingewiesen.

Anfragen der venezolanischen Regierung hierzu blieben in Washington unbeantwortet. Am 30. September erklärte schließlich der US-Botschafter in Venezuela, Charles Shapiro, der Vorgang werde untersucht, "wenn es irgend jemand zu beschuldigen gibt, dann weiß unsere Regierung , was zu tun ist" und gab ganz beiläufig zu: "Einige Venezolaner haben militärische Ausbildung in den USA erhalten."

Shapiro trat sein Amt in Caracas zwei Monate vor dem Putsch 2002 an. 1999 begleitete er das Amt des verantwortlichen für die Kuba-Politik im Außenministerium, und von 1983-1988 arbeitete er als CIA-Verbindungsmann in der US-Botschaft in El Salvador. Sicher nicht ganz zufällig war Shapiro 1973, zu Zeiten des Putsches gegen Salvador Allende Militärattache der US-Botschaft in Chile. Am 12. April 2002 wurde Shapiro beobachtet, wie er lachend den Möchtegerndiktator Carmona umarmend aus dem Präsidentenpalast kam. In der Militärkaserne Fuerte Tuna, am Stadtrand von Caracas, wo auch Chávez zu Beginn inhaftiert wurde, befanden sich zu dem Zeitpunkt auch zwei ranghohe US-Militärs. Zu mindestens einer von ihnen, Oberstleutnant James Rodgers, befand sich stets unter den Putschisten.