Kolumbianische Paramilitärs in Komplott verwickelt

Chávez auf Siegeskurs - Opposition zu allem bereit

Knapp eine Woche vor dem Referendum um die Amtsenthebung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez führt das „No“ der Kräfte, die den bolivarianischen Prozess unterstützen in allen Umfragen mindestens zehn Prozent vor seinen Gegnern.

Eine am Mittwoch von der großen oppositionellen Tageszeitung „El Universal” veröffentlichte Umfrage gemäß der 50 Prozent der Wahlberechtigten gegen Chávez und 44 Prozent für ihnen stimmen würden, stellte sich am gleichen Tag noch als gefälscht heraus.
Félix Seijas, Besitzer des “Venezolanischen Instituts für Datenanalyse bestritt am Nachmittag kategorisch die von „El Universal“ seiner Firma zugeschriebene Urheberschaft der Umfrage, die er als „unbekannter Herkunft“ bezeichnete. Die Tageszeitung erklärte dazu auch wenn das Institut die Umfrage nicht durchgeführt habe und die Herkunft unbekannt sei, „existiere sie physisch“ und sei „keine Erfindung“.

In das Betrugsmanöver scheint auch das oppositionelle Unternehmen Sumate involviert zu sein, das die Unterschriftensammlung gegen Chávez maßgeblich mitorganisiert hatte und vom us-amerikanischen „National Endownment for Democracy“ finanziell unterstützt wird. Der e-mail, die mit der angeblichen Umfrage beim „El Universal“ einging, war eine PowerPoint-Präsentation der Ergebnisse beigefügt, deren Urheberschaft auf Roberto Abdul-Hadi Casanova zurückgeht, Mitglied des Direktoriums von Sumate.
Ein Siegestaumel sei trotz der guten Umfragen nicht angebracht, so Chávez. Bisher hat die Opposition nicht einmal öffentlich erklärt sie werde das Ergebnis des Referendums akzeptieren. Mittlerweile führt ihre desolate Lage auch zu immer mehr Verzweiflungstaten und Provokationen, um so Gewaltausbrüche zu provozieren. Am Donnerstag überfielen Bewaffnete in der Küstenstadt Maracaibo eine Versammlung von 45 Journalisten aus Basis- und Alternativmedien mit der Arbeitsministerin María Cristina Iglesias in der die Kampagne gegen die Absetzung Chávez’ besprochen wurde. Vier Personen wurden dabei verletzt, sieben Autos schwer beschädigt.
Vizepräsident José Vicente Rangel warnte vor einem möglichen „Madrider Effekt“. Der Opposition könne jetzt nur noch ein besonders einschneidendes Ereignis kurz vor dem Stichtag 15. August helfen. Teile der Opposition seien zu allem bereit.
In den vergangenen Wochen waren wiederholt Waffen und Sprengstoff aus Armee beständen gestohlen worden. Indes legte die Geheimpolizei Disip am 31. Juli einen Video vor auf dem einer der im Mai verhafteten 133 kolumbianischen Paramilitärs zugibt sie hätten den Auftrag gehabt in Präsidentenpalast einzudringen und Chávez zu „köpfen“. Die Paramilitärs hielten sich auf dem Gut eines Exilkubaners am Rande von Caracas auf und trugen venezolanische Armeeuniformen. Dabei war auch ihr Anführer, der als José Ernesto Ayala Amado, alias „Comandante Lucas“ identifiziert wurde und Paramilitärführer des „Bloque norte de Santander“ vom kolumbianischen Paramilitärdachverbandes AUC ist. Comandante Lucas gab sich redselig und machte ausführliche Angaben über die militärische Planung und die an der Verschwörung Beteiligten. Er sei bereits im Mitte April nach Venezuela eingereist und habe seine Instruktionen von dem venezolanischen Unternehmer Gustavo Zingg Machado (vormals Gustavo Quintero Machado), dem Besitzer des Landgutes Robert Alonso sowie von einem Militär erhalten. Gustavo Zingg nahm laut Disip auch an einem Treffen am 23. April im Country Club von Caracas teil, auf dem ein erneuter Umsturzversuch gegen Chávez besprochen wurde. Bei dem Gespräch sei klar gestellt worden, jede Aktion, die nicht mit dem Tode Chávez Ende, sei als Niederlage anzusehen.
Während seiner Verhaftung versuchte “Comandante Lucas” noch mit seinem Mobilfunktelefon Zingg anzurufen, mit dem er an dem Tag bereits 73 Mal gesprochen hatte. Dieser telefonierte wiederum 31 Mal mit dem TV-Showmaster Orlando Urdaneta. Der Paramilitärkommandeur berichtete darüber hinaus über die Verwicklung in den Fall von Regierungsmitgliedern der oppositionellen Region Zulia, Viehzüchterverbänden, die Migrationsbehörden des Bundesstaates Táchira sowie eines Angehörigen der Nationalgarde.
Die kolumbianischen Paramilitärs, so Lucas weiter, seien von venezolanischen Ex-Polizisten im Umgang mit dem leuchten Strumgewehr FAL ausgebildet worden und hätten vorgehabt in einem Überfall eine größere Anzahl der Gewehre, die von der venezolanischen Armee benutzt werden, zu rauben.
Als venezolanische Soldaten gekleidet, sei das Ziel der Paramilitärs gewesen bewaffnete Auseinandersetzung innerhalb der Armee zu provozieren, Regierungsziele anzugreifen und Mitglieder radikaler Basisgruppen im Armenstadtteil 23. Januar in Caracas zu ermorden. Während Polizeieinheiten die Armee und Nationalgarde durch Aktionen binden sollten, hätten die Paramilitärs den Präsidentenpalast gestürmt. Laut Disip seien auch Liliana Hernández, Abgeordnete der von der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützten Partei Primero Justicia (Zuerst Gerechtigkeit) sowie Rafael Marín, Ex-Generalsekretär der SPD-nahen Acción Demcrática, in den Umsturzversuch involviert. Einige der Gesuchten wurden verhaftet, andere befinden sich auf der Flucht. Die involvierten Politiker hingegen stritten jede Beteiligung ab.
Am 31. Juli ordnete ein Gericht schließlich auch die Verhaftung von 59 der 120 Militär-Dissidenten an, die ab Oktober 2002 die „Plaza Altamira“ im wohlhabenden Osten Caracas’ besetzten. Die Militärs hielten ein Jahr lang durch und forderten den Sturz des Präsidenten. Die Haftbefehle lauten nun auf „ziviler Aufstand, Aufforderung zur Rebellion und Konspiration“. Unter den Militärs befinden sich zahlreiche Generäle, die an dem Putschversuch gegen Chávez im April 2002 teilgenommen hatten.