James Carter vermittelt zwischen den Fronten

Paramilitärs bedrohen Hugo Chávez

Venezuela kommt seit dem Putschversuch gegen Hugo Chávez im April nicht zur Ruhe. Teile der Gewerkschaften kündigen soziale Unruhen an und paramilitärische Gruppen drohen dem gewählten Präsidenten mit Mord.

Überall wo er auftaucht, ist Gefahr im Verzug: der ehemalige USA-Präsident James Earl (Jimmy) Carter. Derzeit versucht er, zwischen den verhärteten Fronten in Venezuela zu vermitteln. Carter traf sich mit Präsident Chávez, Vizepräsident Rangel, Medienunternehmern, Geschäftsleuten und Kirchenrepräsentanten. Er befindet sich mitsamt einer Begleitkommission auf Einladung der Regierung in Venezuela. Ziel der Mission: ein Verfahrensvorschlag, wie die politische Krise zu überwinden ist.

Viehzüchter kündigten den Dialog auf

Die Opposition begrüßte zwar die Carter-Kommission, rief aber für den 11. Juli zu einer weiteren Demonstration auf. Zeitgleich mit Carters Ankunft zog sich die Nationale Viehzüchtervereinigung FNG vom "Runden Tisch des Nationalen Dialogs" zurück, den die Regierung Chávez nach dem Putsch einberufen hatte. Die FNG gehört zum harten Kern der rechten Oligarchie. Ihr wurde schon öfter der Aufbau bewaffneter Gruppen im Westen des Landes nachgesagt. Und die Zeichen mehren sich, dass sie bereits existieren. Zumindest behaupten paramilitärische Gruppen, dass sie in den venezolanischen Grenzregionen zu Kolumbien - Táchira, Apure und Zulia - aktiv seien. Die so genannten Vereinigten Selbstverteidigungskräfte Venezuelas (AUV) haben ein klares Ziel: die Ermordung des gewählten Präsidenten Hugo Chávez.

Per Video verkündete ein vermummter "Comandante Antonio" in den venezolanischen Medien seine Botschaft: 2200 Bewaffnete stünden bereit, um Venezuela vor der kolumbianischen Guerilla und dem Kommunismus zu "schützen". Die Organisation bestehe zum Großteil aus Militärs und Exmilitärs, deren Absicht es sei, das politische Panorama Venezuelas zu verändern. Im Klartext: Weg mit der "Narco-Guerilla-Regierung von Chávez"!

Und die Paras scheinen gleichgesinnte Unterstützer zu haben. Carlos Castaño, Führer der rechtsradikalen Paramilitärs in Kolumbien, versicherte in einem Interview, dass gute Beziehungen zu den venezolanischen Paramilitärs bestünden.
Der Oberkommandierende der Armee, General Julio García Montoya, und Präsident Chávez streiten zwar die Existenz von Paramilitärs in Venezuela ab, kündigten aber Untersuchungen an. Die Drohungen per Video scheinen Schule zu machen. Nur wenige Wochen zuvor hatte eine Gruppe vermummter mutmaßlicher Militärs gedroht, alle Angehörigen der Bolivarianischen Komitees zu töten, jener Basisgruppen, die auf Seiten Chávez' stehen.

Die Regierung scheint dies jedoch gelassen zu sehen und kündigte Mitte Juni die Kürzung des Militäretats um 40 Prozent an. Das eingesparte Geld soll laut Planungsminister Felipe Pérez in Sozialprogramme zur Armutsbekämpfung fließen. Damit nimmt die Regierung Chávez der Opposition, die ihm stets die Militarisierung der Gesellschaft vorwirft, den Wind aus den Segeln.

So nahmen an einer groß angekündigten Demonstration gegen Chávez vor drei Wochen keine 5000 Personen teil. Oberst a.D. Hidalgo Valero, einer der Organisatoren, zeigt sich dennoch überzeugt: "Wir können nicht den Kommunismus im Land erlauben. Venezuela wird immer demokratisch, frei und unabhängig sein." Mittlerweile konzentrieren sich die Bemühungen der Chávez-Gegner darauf, Generalstaatsanwalt Isaías Rodríguez von seinem Posten zu kippen. Die Opposition will ihn durch einen neuen Generalstaatsanwalt ersetzen, der im Gegensatz zu Rodríguez bereit ist, ein Verfahren gegen den Präsidenten in die Wege zu leiten. Das würde dem Obersten Gerichtshof unterbreitet werden, wo elf der 20 Richter Oppositionelle sind. Die für eine Verurteilung notwendige Stimmenzahl liegt jedoch bei 16, so dass es wohl eher darum geht, das eingeleitete Verfahren propagandistisch auszuschlachten.

Die Mehrheit glaubt immer noch dem Präsidenten

Chávez zeigt sich davon nicht sonderlich beeindruckt. In seiner wöchentlichen Fernseh- und Radioübertragung "Aló Presidente" fragte er: "Wer kann glauben, dass Millionen von Venezolanern die Arme kreuzen und still zu Hause bleiben, wenn sie sehen, dass Chávez angeklagt und festgenommen wird?" Tatsächlich ist die Position des Präsidenten bisher trotz der politischen Krise stark. Laut verschiedenen Meinungsumfragen unterstützen ihn zwischen 59 und 70 Prozent der Bevölkerung.


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