Soziale Proteste in der Karibik

Urlaubsparadies in Aufruhr?

jW sprach mit Felipe Ledesma. Er ist Koordinator der linken Jugendorganisation Fuerza Juvenil Dominicana (FJD) der Dominikanischen Republik.

F: Die Dominikanische Republik wird gemeinhin mit Urlaub, Strand und Palmen in Verbindung gebracht. Nahezu unbekannt ist die Vielfalt an sozialen Bewegungen im Land und die Gewalt, mit der die Regierung reagiert. So gab es in den vergangenen Jahren bei den Protesten der Bewohner der Armenviertel gegen Stromausfälle und schlechte Infrastruktur wiederholt Tote.

Die erste Stufe der gesellschaftlichen Unterdrückung ist bereits die Marginalisierung. Wenn die Menschen sich mit ihr nicht abfinden und Proteste organisieren, dann antwortet die Regierung mit massiver Repression. Sie bietet keinen Spielraum für Verhandlungen. Doch die Einschüchterung hat in den vergangenen Jahren nicht gewirkt, die Leute kämpfen weiter. In den Universitäten haben die Mobilisierungen dazu geführt, daß die Universitätsleitungen eine sehr harte Haltung eingenommen haben. Im Jahr 2002 wurden etwa 20 Studenten, die die Kämpfe gegen die Privatisierung anführten, von den Hochschulen verwiesen.

F: Die Studierenden gehören zu den führenden Kräften bei den Protesten gegen die rabiate Sozialpolitik der Regierung. Was wird gefordert?

Hier geht es seit langer Zeit vorwiegend um die Privatisierung der Hochschulbildung. In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Kampf verstärkt. Gemeinsam mit der "Föderation Dominikanischer Studenten" (FED) setzen wir uns für den Erhalt der öffentlichen und kostenfreien Bildung ein. In der Dominikanischen Republik ist die Mehrheit der Bevölkerung sehr arm. Das bedeutet, daß das Schulsystem grundsätzlich gratis sein muß. Die Regierung sieht aber im Rahmen ihrer neoliberalen Politik die Privatisierung der höheren Schulbildung und der Hochschulen vor. Dagegen mobilisieren wir in den Universitäten, in den Schulen und auf der Straße.

F: Gelingt es, die vielen Bewegungen - aus den Armenvierteln, die Studenten und die Bauern - zusammenzubringen und ein alternatives politisches Projekt zu entwerfen?

Das ist schwierig, weil viel Sektierertum herrscht. Zudem gibt es historische Erfahrungen, die die Einheit erschweren. Aber es gibt einige Aktionsbündnisse und gemeinsame Kampftage. Die Erkenntnis, daß auf ein gemeinsames Projekt hingearbeitet werden muß, wird von immer mehr Menschen geteilt.

F: Was sind die wichtigsten Ziele Ihres Verbandes?

Wir wollen zur Einheit der sozialen Protestbewegung beitragen. Deshalb setzen wir uns für die Gründung einer breiten, linken und basisorientierten Jugendorganisation ein und fordern die Schaffung einer einzigen linken Koordination der studentischen Organisationen. Heute gibt es davon mehrere. Politisch drängen wir als Jugendliche auch die anderen linken Organisationen zu einem einheitlichen Vorgehen und plädieren für die Gründung einer breiten alternativen Front, die basisorientiert, antineoliberal, progressiv und demokratisch ist.

F: Obwohl die große Mehrheit der Bevölkerung schwarz ist, gibt es ein großes Problem mit Rassismus. Sowohl seitens der Herrschenden - meist Weiße -, aber auch in der Bevölkerung selbst. Betroffen sind in erster Linie Migranten aus dem anderen Inselteil, der Republik Haiti.

Die dominikanische Gesellschaft ist sehr gemischt. Dennoch ist das rassistische koloniale Erbe stark, und offiziell sind nur 15 Prozent der Bevölkerung "schwarz". Schwarz gilt als schlecht, und schwarz sind in der herrschenden Propaganda nur die Haitianer. Die rechten Kräfte, die an der Macht sind und die Medien kontrollieren, führen eine regelrechte rassistische Hetzkampagne gegen die Haitianer durch. Sie stellen sie als faul und Träger von Krankheiten dar. Aber es gibt auch eine starke Bewegung dagegen, die auf Solidarität mit der Bevölkerung Haitis setzt.


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