Rechtsextremer Uribe Vélez erobert Macht in Kolumbien

Präsident der Paramilitärs

Der rechtsextreme Kandidat Alvaro Uribe Vélez ging mit etwa 53% der Stimmen als klarer Sieger aus den kolumbianischen Präsidentschaftswahlen am 26. Mai hervor. Da er bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, muss er nicht einmal in die Stichwahl gehen. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle befindet sich der offizielle Kandidat der Liberalen Partei, Horacio Serpa Uribe, mit etwa 32%. An dritter Stelle folgte der linke Einheitskandidat Lucho Garzón mit etwa 6,2%.

Sehr aussagekräftig sind die Resultate allerdings nicht, da sich nur knapp die Hälfte der Wahlberechtigten überhaupt am Urnengang beteiligt haben. Viele der Stimmen für Uribe Vélez wurden in ländlichen Regionen von den Paramilitärs - die ihn als "ihren Kandidaten" ansehen - mit der Waffe in der Hand erzwungen. Auch direkter Wahlbetrug war weit verbreitet. Dennoch wird im Ergebnis ein erheblicher Rechtsruck der urbanen Mittelschichten sichtbar, die fernab von den zentralen Kriegsschauplätzen zunehmend eine Politik der "harten Hand" gegen die Guerilla unterstützen. Dazu beigetragen haben in den vergangenen Monaten sicher auch eine Reihe schwer vermittelbarer Anschläge der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), wie etwa auf die Wasserversorgung der Städte. Gleichzeitig beschert der von den USA geführte internationale "Antiterrorkrieg" den kolumbianischen Hardlinern Aufwind.

Rechtsruck der urbanen Mittelschichten
Eine weitere Verschärfung des Konfliktes in Kolumbien ist mit der Wahl Uribes zum Präsidenten bereits vorprogrammiert. Uribe Vélez profilierte sich im vergangenen Jahr als Hardliner und forderte wiederholt den Abbruch der Gespräche mit der FARC und den Einmarsch der Armee in die entmilitarisierte Zone. Er gilt als Pate der Paramilitärs und ist tief in das Drogengeschäft verwickelt.

Nun gibt sich der frisch gewählte Präsident, der am 7. August die Amtsgeschäfte übernehmen wird, zwar verhandlungsbereit und erklärt, er werde um "internationale Vermittlung für Friedensgespräche" ersuchen, doch fordert er zugleich als Vorbedingung von den Guerillas, einen einseitigen Waffenstillstand auszurufen. Das ist angesichts des in Einheit mit der offiziellen Armee von den Paramilitärs ausgeübten Terrors, der jährlich Tausenden von Menschen das Leben kostet, eine für die Guerilla inakzeptable Forderung. Uribe vergisst außerdem zu erwähnen, dass bereits vom amtierenden Präsidenten Pastrana zumindest mit der zweitgrößten Guerilla Nationale Befreiungsarmee (ELN) ein Abkommen unterschrieben wurde, um Gespräche einzuleiten. Allerdings wurde es von der Regierung bisher nicht umgesetzt.

Eine Kostprobe für die zu erwartende Verschärfung des Krieges lieferte eine Polizei- und Militäroperation eine Woche vor den Wahlen, bei der Tausende von Bewaffneten einige Armenviertel der Großstadt Medellin - die Heimatstadt von Uribe Vélez - stürmten, um gegen vermeintliche urbane Kommandos der ELN vorzugehen. Dabei wurde die Bevölkerung auch aus Hubschraubern unter Beschuss genommen. Polizei und Armee eröffneten unter anderem das Feuer auf eine Gruppe von Anwohnern, die unbewaffnet und mit weißen Fahnen versuchten die Erstürmung ihres Viertels zu verhindern. Insgesamt waren nach der Aktion mindestens neun Tote und zahlreiche Verletzte zu beklagen.

Eine der ersten Glückwünsche für seinen Wahlsieg bekam Uribe von den Paramilitärs, deren militärischer Führer Salvatore Mancuso - ein persönlicher Bekannter Uribes - in einer Erklärung darlegte, der Wahlsieger sei "ein würdiger Präsident". Bereits im Vorfeld hatten die Paramilitärs Uribe zu "ihrem Kandidaten" gemacht. In von Paramilitärs kontrollierten Gebieten befanden sich seine Wahlkampfbüros der Einfachheit halber gleich in Paramilitärlagern.

USA forcieren "Krieg gegen die Subversion"
Alvaro Uribe Vélez ist auch der Kandidat der Bush-Administration, die sich weder an seiner Nähe zu den Paramilitärs der AUC - die erst im vergangenen Jahr auf die Terrorliste gesetzt wurden - noch an seinen Aktivitäten im Drogenhandel stören. Im Gegenteil: Als im vergangenen Jahr Beschlagnahmeaktionen der kolumbianischen Polizei zu Tage förderten, dass sich die Firma GMP, der größte kolumbianische Importeur von Kaliumpermanganat, neben Azeton und Ether der wichtigste Zusatzstoff zur Herstellung von Kokain, im Besitz von Pedro Juan Moreno Villa, Kampagnemanager und seit Jahren enger Vertrauter von Uribe Vélez, befindet und zudem alle Unterlagen über den Weiterverkauf der Chemikalie in Kolumbien gefälscht wurden, half die US-amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde DEA den Fall zu vertuschen. GMP musste nicht einmal Bußgelder zahlen.

International regte sich bisher kaum Widerstand gegen den rechtsradikalen Uribe Vélez. Allein die Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen äußerte schwere Bedenken gegen seine Pläne "eine Million Zivilisten gegen die Guerilla zu bewaffnen". Es sieht vielmehr alles danach aus, als würde international eine Situation vorbereitet werden, um den Krieg in Kolumbien zu intensivieren und eine Intervention zu ermöglichen. Die USA genehmigten kürzlich die Nutzung aller gelieferten Waffen - die bisher ausschließlich auf die Drogenbekämpfung beschränkt war - im "Krieg gegen die Subversion", stellte weitere 98 Millionen US-Dollar für den Aufbau einer Sondereinheit zur Verfügung und sagte weitere 600 Millionen US-Dollar für die nächsten Monate zu. Die kolumbianische Regierung drängt gleichzeitig auf die Aufnahme der Guerillas FARC und ELN in die Terrorlisten der EU. Uribe Vélez wünscht sich freie Hand. Besorgnis erregend und unverständlich ist daher die Reaktion Frankreichs auf seinen Wahlsieg. Der französische Außenminister gratulierte Uribe Vélez im Namen der Regierung und äußerte das Vertrauen, dass Alvaro Uribe Vélez "die Wege findet, um den Konflikt zu lösen, der Kolumbien seit geraumer Zeit zerreißt".

Die schmutzige Weste scheint im Falle Uribe Vélez ein zusätzlicher Grund für die USA - und auch Teile der EU -, ihn als ihren Mann anzusehen. Die Erpressbarkeit vereinfacht die Kontrolle über ihn, so wie es auch bei Noriega in Panama, Carlos Salinas in Mexiko oder auch Alberto Fujimori in Peru der Fall war. Das traditionelle Parteienspektrum kann hingegen seine Hände in Unschuld waschen, da es sich ja bei Uribe Vélez um einen unabhängigen Kandidaten handelt. Es würde wieder zur Verfügung stehen, wenn Uribe Vélez die "Drecksarbeit" erledigt hat und "untragbar" wird. Ähnlich wie es mit Fujimori der Fall war.