Bewegung und Staat in Venezuela
„Eine der einzigartigen Charakteristika der Bolivarianischen Revolution (...) liegt darin, dass es keine eigentliche Avantgarde gibt, die die revolutionäre politische Handlung anführt, sondern eine breite soziale Front, die aus verschiedenen Bewegungen besteht. Die einen organisiert als politische Parteien und andere, ein System von Basiskollektiven, die um die Bolivarianischen Zirkel und die diversen sozialen Missionen und Pläne gruppiert sind und mindestens 60% der Venezolaner umfassen. Dies ermöglicht, dass der Reformprozess, der beginnt die qualitativen Veränderungen zu stimulieren, in einem demokratischen Kontext vollzogen werden kann, dessen Dynamik durch Partizipation der verschiedenen Kollektive als Protagonisten bestimmt wird.“
Mario Sanoja Obediente & Iraida Vargas-Arenas, La vía del cambio social, in: Question, Nr. 20, 2.Jg. Februar 2004 Caracas.
Am 31. Oktober 2004 gewannen die bolivarianischen Kräfte die Regionalwahlen in 20 von 22 Bundesstaaten Venezuelas. Am 15. August hatte der venezolanische Präsident Hugo Chávez bereits ein von der Opposition gegen ihn angestrengtes Referendum mit 59,25 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen. Nahezu sechs Millionen Menschen sprachen sich gegen seine Absetzung aus. 1998 wurde er erstmals mit 56,4% Präsident. Er führte einen antineoliberalen Diskurs, vor allem gegen die Privatisierung des staatlichen Erdölkonzerns Petroleos de Venezuela S.A. (PDVSA)1 und versprach Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung. Am 2. Februar 1999 übernahm er das Amt. Am 25. Juli wurde die verfassungsgebende Versammlung gewählt, am 15. Dezember die neue Verfassung via Referendum mit etwa 80% angenommen. 2000 wurde Chávez gemäß der neuen Verfassung mit 59,7% der Stimmen wieder gewählt (damals entsprach dies etwa 3,7 Millionen Stimmen).
Die „Bolivarianische 2 Verfassung öffnet die Türen für die Einführung eines alternativen politischen Projektes, alternativ zum vorherrschenden Neoliberalismus. Der Verfassungstext legt die sozialen Rechte der Basissektoren fest, als zentrale Pflicht des demokratischen Staates, der konsolidiert werden soll.“ (López Maya 2003, S. 221) Dem Diskurs nach, hat der Staat eine seit der Kolonialisierung historisch akkumulierte „soziale Schuld“ gegenüber den marginalisierten Massen zu begleichen. Sozialausgaben und öffentliche Investitionen wurden stark erhöht, zahlreiche Privatisierungen von Staatsbetrieben gestoppt oder rückgängig gemacht 3 und die Preise für Grundnahrungsmittel sind mittlerweile staatlich reguliert. Die Schwerpunkte der Regierungspolitik in bezug auf Erziehung, Gesundheit und Ernährung, stimmen mit denen der sozialen Bewegungen überein.
Die Verfassung führte die „partizipative Demokratie“ und die „protagonistische Rolle“ der Bevölkerung4 ein. 76 Artikel beschäftigen sich mit der Beteiligung der Bevölkerung an Entscheidungen des Staates und der Regierung.
Mit Chávez werden zwei parallele Prozesse in Gang gesetzt: Reinstitutionalisierung und soziale Umwälzung von unten - also die Institutionen des Staates wieder mit Legitimität zu versehen und funktionsfähig zu machen und ein von Basisbewegungen getragener Prozess der sozialen Umgestaltung. Diese sind miteinander verwoben, komplementär, teilweise konträr und gelten insgesamt als „Bolivarianischer Prozess“5 .
Soziale Bewegungen im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooptation 6
Die ständigen Angriffe auf den „Bolivarianischen Prozess“ drängen auf eine Organisierung der Massen zur Konsolidierung und Verteidigung desselben. Hierbei bevorzugt die Regierung eine organische Selbstorganisierung von unten, andererseits aber besteht eine starke Fixierung der Massen auf die Figur Chávez.
Es entwickelt sich ein widersprüchliches Phänomen. Obwohl, oder vielleicht gerade weil sich Chávez in seinem Diskurs nicht über andere hebt, er stets „el pueblo“ ins Zentrum stellt, beginnt seine Figur zu der eines „Caudillo“7 zu werden. Der Ex-Vizeplanungsminister und linke Basisaktivist Roland Denis steht dem sehr kritisch gegenüber und stellt dennoch fest, dass die „transformatorische Bewegung“ ohne Chávez ihre Kraft nicht in dem Umfang entwickelt hätte und unterstreicht dessen herausragende Rolle. Er schaffte es, die verarmten Massen in ein politisches transformatorisches Projekt zu integrieren, was der Linken nie gelungen war. Alfonso Tovar, Ex-KP-Mitglied, Ex-Guerillero und Basisaktivist im Viertel 23 de enero in Caracas äußerte im persönlichen Gespräch, es hätte Ende der 1990er Jahre auf jeden Fall einen grundlegenden Wechsel gegeben. Ohne Chávez hätte dieser allerdings auch rechtspopulistisch sein können. In einer Debatte auf einem Kongress des bolivarianischen Netzwerkes von Basisorganisationen ANROS im September 2003 in Caracas war die einhellige Einschätzung, sie könnten zwar methodologisch nicht mit der herausragenden Rolle Chávez einverstanden sein, doch gäbe es dazu aktuell keine Alternative.
Chávez gelang es durch eine direkte Kommunikation mit der Masse, die in Folge der von dem Neoliberalismus geförderten Zersplitterung und Individualisierung keine organisatorische Einbindung hatte, diese zu integrieren und ist Garant für die ständige Inklusion der am Prozess beteiligten Organisationen und sozialen Bewegungen. Vor allem bis zum Putsch gelang ihm durch diese direkte Kommunikation die Mobilisierung der Massen, welche bestenfalls noch den lokalen Organisationen vertrauten, während die Parteien und bolivarianischen Massenorganisationen kaum Wirkung entfalteten.
Zu verschiedenen Anlässen ist eine erstaunliche Fähigkeit der Selbstorganisierung deutlich geworden. Die Massen folgen Chávez nicht blind. Durch eine Art kollektive Intelligenz gelingen Massenmobilisierungen von mehr als einer Million Menschen, die es schaffen auch ohne Leitung strategisch zu agieren. Ein Problem der Selbstorganisierung, Kern des Bolivarianischen Prozesses, liegt in der jahrezehntealten klientelistischen, assistenzialistischen (auf pure karitative Unterstützung orientiert, Anm. d. Red.) und paternalistischen Struktur. Viele VenezolanerInnen sehen sich nicht als Akteure einer Veränderung. Zugleich ist die Eigeninitiative organisierter oder zu organisierender Kollektive meist Voraussetzung, um an Programmen der Regierung, die technische und finanzielle Hilfen geben, beteiligt zu werden.
In der assistenzialistischen Kultur liegt auch begründet, warum der juristische Rahmen der Partizipation bisher in eher geringem Maße ausgeschöpft wurde, wie ich in zahlreichen Regionen feststellen konnte. So existiert beispielsweise für die Bevölkerung die Möglichkeit, durch die Bildung von „Lokalen Komitees für öffentliche Planung“ (CLPP) die lokale Politik weitgehend mitzubestimmen. 20% der Finanzen sind sogar gesetzlich für Projekte der „organisierten lokalen Zivilgesellschaft“ vorbehalten. Tatsächlich geschieht dies kaum, da die CLPP oft nicht zustande kommen oder kaum funktionieren. Ein anderes Beispiel hierfür ist das Gesetz zum urbanen Landbesitz, das den BewohnerInnen der Armenstadtteile die Möglichkeit gibt, das Land auf dem sie wohnen, zu legalisieren. Einzige Bedingung ist die Bildung eines lokalen Komitees für städtisches Land, das als Vermittler fungiert. Es wurden zwar 2003 etwa 38.000 Titel verliehen, in zahlreichen Armenvierteln kam das Komitee bisher jedoch nicht zustande.
Angesichts dieser Problematik lancierten Chávez und AktivistInnen des Bolivarianischen Prozesses Mitte 2001 die „Bolivarianischen Zirkel“, die an das vorhergehende Organisierungsmodell anknüpften (in der Phase nach den Entlassungen von Chávez und anderen Putschbeteiligten aus der Haft wurden „Bolivarianische Zirkel“ als lokale Einheiten der Basisorganisierung gegründet), damit „das Volk, >der Souverän<, aufhört eine unorganisierte Masse zu sein, ohne Ideologie und gebunden an seinen charismatischen Führer (Chávez) in individualisierter Form, mittels klientelistischer und populistischer Praxen und Erwartungen.“ (García-Guadilla 2003, S. 247)
Die Bolivarianischen Zirkel wurden von der Opposition als Export der kubanischen CDR (Comités de Defensa de la Revolución) bezeichnet und als bewaffnete Zellen verleumdet. Tatsächlich sind sie in erster Linie eine Art Nachbarschaftsorganisationen, die verschiedenste soziale und kulturelle Aufgaben auf lokaler Ebene übernehmen. Doch von einfachen sozialen Organisationen unterscheiden sie sich in der Form, dass eine politisch-ideologische Selbstschulung intendiert ist, um den Prozess zu verteidigen und zu vertiefen. Aus diesem Grund versuchen die Zirkel auch in den Bereichen, in denen sie aktiv sind (Nachbarschaft, Arbeit, Uni, Frauengruppen, als Straßenverkäufer usw.), die Selbstorganisierung und Partizipation zu fördern.
Die Opposition argumentiert, die Regierung finanziere diese Zirkel. Laut der Regierung werden nur an der Basis angesiedelte Projekte finanziell unterstützt. Die Zirkel sind weder an die Regierung noch an Parteien gebunden und werden auch nicht von oben gegründet. Mindestens sieben Personen können jederzeit einen Bolivarianischen Zirkel gründen, wenn Ziele und Arbeitsweise mit den ursprünglich für Zirkel festgelegten Statuten übereinstimmen. Dieser wird dann der Nationalen Koordination gemeldet. Gemäß der Koordination sollen in Venezuela etwa 2,5 Millionen Personen in Zirkeln organisiert sein.
Eine enorme organisatorische Kraft entfalteten schließlich die verschiedenen „Missionen“ ab 2003, d.h. die auf bestimmte Ziele hin von der Regierung durchgeführten Pläne. War vorher den Basisorganisationen die massenhafte Organisierung kaum gelungen, so gelingt dies mit den Missionen „Barrio adentro“ (13.000 kubanische und 1.300 venezolanische Ärzte stellen in Armenstadtteilen und marginalisierten Regionen eine kostenfreie Gesundheitsversorgung, bei der sie von „Gesundheitskomitees“ unterstützt werden, zur Verfügung), „Misión Robinson“ (Alphabetisierungskampagne, die bis März 2004 über eine Million Menschen in einer ersten Phase alphabetisierte; Phase II ist der Grundschulabschluss), „Misión Ribas“ (Mittelschule), „Misión Sucre“ (Hochschulreife) u.a. Die Missionen entstanden als eigenständige Institutionen auf Initiative der Präsidentschaft, was auch darauf hindeutet, dass die Arbeit der Ministerien nicht richtig funktioniert. Für die Missionen meldeten sich hunderttausende Freiwillige (die z.T. mit Aufwandsentschädigungen entlohnt werden), die sich entweder rund um die Missionen organisieren, den Basisorganisationen beitreten, die diese lokal durchführen, oder Bolivarianische Zirkel bilden.
Viele soziale Bewegungen waren in Venezuela schwächer entwickelt als in anderen lateinamerikanischen Staaten, so auch die Indígena- und die Frauenbewegung. Die Indígenabewegung gehört zu den Kräften des Bolivarianischen Prozesses, besteht aber auf Autonomie. Obwohl in Venezuela nur etwas 1,5% der Bevölkerung indigenen Gruppen angehören, ist sie hier mittlerweile erfolgreicher als in allen anderen lateinamerikanischen Staaten.
Konflikte zwischen Bürokratie und Basisbewegungen
Mit Übernahme der Regierungsmacht haben sich zahlreiche AktivistInnen aus sozialen Bewegungen den Institutionen angeschlossen, was die Bewegungen teilweise geschwächt hat. Allerdings wurden durch die enge Bindung zwischen Staat und Bewegungen viele Bewegungen wiederum auch erheblich gestärkt. Das Verhältnis zwischen den Basisbewegungen und der Bürokratie ist jedoch auch in Venezuela nicht konfliktfrei. So sind unter den RepräsentantInnen der regierenden Parteien genügend Personen zu finden, die der Ansicht sind, dass die Partei auf jeden Fall immer besser als die Bevölkerung selbst weiß, was diese will und braucht. Eine zunehmende Partizipation der Bevölkerung bedeutet für viele Politiker auch eine Schmälerung ihrer Macht, was nicht alle hinnehmen. So sind viele der Probleme im Aufbau der CLPP auch dem Verhalten diverser BürgermeisterInnen geschuldet, die ihnen genehme CLPPs „installieren“ oder andere bei ihrer Entstehung behindern.
Ein Fall, an dem vielerorts Basis und Apparat zusammen stießen, betraf die Auswahl der KandidatInnen für die Lokal- und Regionalwahlen am 31. Oktober 2004. Diese waren schlichtweg vom „Comando Maisanta“ ernannt worden, dem politischen Gremium, das für die Begleitung des Referendums gegründet worden war und in dem VertreterInnen der Parteien sitzen. Da die Zeit bis zu den Wahlen zu kurz war, beugte sich die Basis den Entscheidungen. Ziel war es, Mehrfachkandidaturen aus dem bolivarianischen Spektrum zu vermeiden, da dies bei den vergangenen Regionalwahlen für einige Schlappen gegenüber der einheitlich auftretenden Opposition gesorgt hatte. In ganz wenigen Fällen waren die offiziellen KandidatInnen bereit, sich mit den BasiskandidatInnen in Vorwahlen zu messen, in anderen Fällen kam es aber zu Mehrfachkandidaturen. Meist beschlossen die Basisbewegungen jedoch die offiziellen KandidatInnen auf eine Aufgabenliste festzunageln. Auf einem Arbeitswochenende der neu gewählten bolivarianischen BürgermeisterInnen und GouverneurInnen mit Chávez und MinisterInnen der Regierung im November wurde allerdings beschlossen, alle KandidatInnen für die Wahlen zu den Lokalparlamenten im Februar 2005 von der Basis ernennen zu lassen.
Deutlich wird dieser Widerspruch zwischen Basis und Bürokratie auch an einem anderen Fall, der sich am 12. Oktober 2004 in Caracas ereignete, als einige Hundert BasisaktivistInnen eine Kolumbusstatue stürzten. Drei Aktivisten wurden inhaftiert und es entbrannte eine breite Debatte. Bereits Wochen zuvor war öffentlich zu einem „Prozess“ gegen die Statue aufgerufen worden, unter anderem von der Antikorruptionsorganisation AIPO, der Bolivarianischen Anwaltsvereinigung ABA, der Bewegung 13. April und anderen. „Prozess“, Urteilsverkündung und Vollstreckung waren öffentlich, die Polizei schritt nicht ein. Auch nicht als DemonstrantInnen die Statue zum Theater Teresa Carreño schleiften, wo die offiziellen Feierlichkeiten stattfanden. Nationalgarde und Militärs vor Ort rührten sich nicht. Schließlich griffen Beamte der Polizei des bolivarianisch regierten Stadtbezirks Libertador ohne Vorankündigung ein.
Der bolivarianische Bürgermeister von Libertador Freddy Bernal erklärte, die Statue werde restauriert und an der gleichen Stelle wieder aufgestellt. Er beeilte sich sogar, die Regierungen Spaniens und Italiens für die Zerstörung der Statue um Entschuldigung zu bitten. Formal stellt der Sturz der Statue zwar einen Rechtsbruch dar, doch wird hier eine tiefe Krise der Rechtssprechung und der Polizei sichtbar, da sich die Justiz weiterhin in den Händen der alten herrschenden Klasse befindet. Zu behaupten, in Venezuela herrsche Recht/Gerechtigkeit (das spanische Wort justicia hat beide Bedeutungen), würde auf breites Unverständnis stossen: Während der Oberste Gerichtshof feststellte, es habe im April 2002 keinen Putsch gegeben und alle Klagen fallen ließ, verbrachten dennoch vier Chávez-Anhänger anderthalb Jahre in Haft, weil sie damals auf das von Scharfschützen auf die Chávisten eröffnete Feuer antworteten. Für den Sturm auf die kubanische Botschaft während des Putsches wurde hingegen niemand verurteilt.8 Ebenso haben sich die Verantwortlichen für die Sabotage an den Erdölanlagen im Dezember 2002/Januar 2003 nicht vor Gericht verantworten müssen. Auch die Morde an über 100 Bauern blieben ungestraft.
Der Statuensturz entwickelte sich zu einem Symbol des Konfliktes zwischen den Basisbewegungen und stark institutionell orientierten Kräften. Der weitere Verlauf ist ungewiss. Im Dezember wurden zwei der drei inhaftierten Aktivisten ohne Anklage frei gelassen, gegen den Dritten, der Einlassungen getätigt hatte, blieb die Anklage bestehen.
Während die vergangenen Jahre geprägt waren von einer Dauermobilisierung zur Verteidigung des Prozesses gegen die oppositionellen Angriffe, schien mit dem rundum gewonnenen Referendum eine Atempause eingetreten zu sein, die auch für eine in vielerlei Hinsicht interne Klärung genutzt werden dürfte. Die Basis zumindest erhöht den Druck. Für die internationale Linke gilt es solidarisch mit dem Transformationsprozess zu handeln und die linken Sektoren zu unterstützen. Der Autobombenanschlag am 18. November 2004 auf den Staatsanwalt Danilo Anderson, einer der wenigen, die gegen die in den Putsch 2002 verwickelten Mächtigen aus Wirtschaft und Politik ermittelten, machte die Notwendigkeit zum Handeln gegen die alteingesessenen Strukturen noch einmal deutlich. Die Basisbewegungen identifizierten sich mit Danilo Anderson, da er einer der ihren war, und forderten die Säuberung der Staatsanwaltschaft. „Danilo gehört dem Volk und nicht der Staatsanwaltschaft“ schallte es treffend nach dem Anschlag durch die Straßen von Caracas. Der Anschlag drängt allerdings auch die institutionell orientierten Sektoren des bolivarianischen Prozesses zu einer stärkeren Umsetzung des Transformationsprozesses auch in personeller Hinsicht.
García-Guadilla, María Pilar (2003): Sociedad civil: institucionalización, fragmentación, autonomía; in: Ellner, Steve; Hellinger, Daniel (2003): La política venezolana en la época de Chávez, Caracas, S.230-251.
López Maya, Margarita (2003): Movilización, institucionalidad y legitimidad en Venezuela; in: Revista Venezolana de Economía y Ciencias Sociales, Nr. 1/2003, S.211-226.
Für mehr Informationen siehe: Azzellini, Dario: „Der Bolivarianische Prozess: Konstituierende Macht, Partizipation und Autonomie“, in: Kaltmeier, Olaf; Kastner, Jens Peter; Tuider, Elisabeth (Hg): Neoliberalismus – Autonomie – Widerstand. Zur Analyse Sozialer Bewegungen in Lateinamerika. Westfälisches Dampfboot, Münster 2004 und den Dokumentarfilm „Venezuela von unten“, von Dario Azzellini und Oliver Ressler, 67 Min., 2004 (siehe www.azzellini.net).
1 Venezuela ist fünftgrößter Ölexporteur der Welt. Die PDVSA-Privatisierung war Ende 1997 mit dem „Gesetz zur Privatisierung staatlicher Unternehmen“ eingeleitetet worden, das den Staat verpflichtete, die Einnahmen für den Schuldendienst zu verwenden. Salas Römer, Präsidentschaftskandidat des bürgerlichen Blocks, hatte mit transnationalen Konzernen deren Durchführung für 1999-2004 vereinbart.
2 In Anlehnung an Simón Bolivar, Humanist, antikolonialer Freiheitskämpfer Anfang des 19. Jhd., der von Venezuela aus für einen souveränen und republikanischen Staatenbund in Südamerika kämpfte. Chávez und seine Bewegung bauen, rund um den in Venezuela als Volksheld gefeierten Bolivar, ein gesellschaftliches und politisches Projekt auf, das als „work in progress“ zu verstehen ist.
3 Die Anti-Privatisierungspolitik betraf die Kernbereiche von PDVSA und Basisindustrien. In anderen Bereichen wurden Privatisierungen zugelassen, aber mit günstigeren Bedingungen und Mehrheitsbeteiligungen des Staates.
4 Im Original heißt es „pueblo“. Der Begriff ist aber in seiner sozial-historischen und politischen Dimension nicht mit „Volk“ zu übersetzen. Obwohl ebenfalls ungenügend, wird im weiteren Text pueblo mit Bevölkerung übersetzt, um Missverständnisse hinsichtlich des deutschen Begriffs des Völkischen zu vermeiden.
5 Tatsächlich geht diese Politik zwar von Chávez und einigen Regierungsmitgliedern aus, aber in den Institutionen mit den zumeist gleichen Strukturen wie vor der Chávez-Regierung setzt sich diese nicht durch. Bei vielen PolitikerInnen aus traditionellen linken Parteien oder solchen, die auf den Chávez-Zug aufgesprungen sind, sind paternalistische und assistenzialistische Praxen sowie personalisierte Politikmuster weit verbreitet.
6 Kooptieren bedeutet aufsaugen, „vor den eigenen Karren spannen“.
7 Caudillos bezieht sich in Lateinamerika auf Führungsfiguren, die einen gewissen „Feldherrenstil“ an den Tag legen.
8 Die Justiz befindet sich nach wie vor zum Großteil unter der Kontrolle der Opposition.